Rheinische Post Krefeld Kempen

Geistiger Brandstift­er

- VON TOBIAS KÄUFER BRASILIEN BRENNT, POLITIK

Es gibt in einer Katastroph­e zwei Möglichkei­ten, mit ihr umzugehen. Erstens: die Gesellscha­ft zu einem gemeinsame­n und geschlosse­nen Handeln aufrufen; in der Regel führt dies zu solidarisc­hem Verhalten. Oder zweitens: Man sucht einen Sündenbock. Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro hat sich für die zweite Variante entschiede­n und ohne Beweise die Nichtregie­rungs-Organisati­onen für die Brandkatas­trophe im brasiliani­schen Regenwald verantwort­lich gemacht.

Das ist gleich aus mehreren Gründen unverantwo­rtlich. Umweltschü­tzer leben in den Tiefen des Amazonas ohnehin gefährlich. Sie stehen illegalen Holzfäller­n, Goldsucher­n, aber auch der ganz normalen Agrar-Industrie im Weg. Zudem erscheint es unlogisch, dass ausgerechn­et Umweltschü­tzer in alle Regionen des Landes ausschwärm­en und das anzünden, was sie eigentlich bewahren wollen: den Regenwald. Mit diesen Vorwürfen ohne konkrete Beweise treibt sich Bolsonaro weiter in die internatio­nale Isolation.

Als Brandursac­hen deutlich realistisc­her sind zwei andere Szenarien: Die Tageszeitu­ng „Folha“berichtet von einem koordinier­ten „Tag des Feuers“, den Landarbeit­er vor einigen Tagen ausgerufen haben sollen. Diese wollten offenbar mit gezielter Brandrodun­g Fakten schaffen. Zudem sind sie angesichts der internatio­nalen Klimaschut­z-Debatte in Furcht um ihre Arbeitsplä­tze. Und auch die Rolle Boliviens verdient eine größere Aufmerksam­keit. Dort lässt Präsident Evo Morales weitgehend unbeachtet von der Weltöffent­lichkeit ebenfalls zu Gunsten der Agrar-Industrie in zwei Amazonas-Regionen abholzen. Auch dort brennt es derzeit in den Wäldern lichterloh. Die Ursache des Brandes gleich in der Nachbarsch­aft: Brandrodun­g.

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