Rheinische Post Krefeld Kempen
Milliardenstrafen für kriminelle Konzerne
Justizministerin Lambrecht bringt Gesetzentwurf zur Sanktionierung von Unternehmen auf den Weg.
BERLIN Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) will kriminelle Unternehmen künftig härter bestrafen. Dafür hat ihr Haus nun dieVerabredung aus dem Koalitionsvertrag in einen Gesetzentwurf umgesetzt.Wenn der Bundestag zustimmt und sich der Bundesrat nicht quer stellt, werden vom nächsten Jahr an Sanktionen von deutlich mehr als der aktuellen Höchstgrenze von zehn Millionen Euro fällig. Beispiel: Wäre das Gesetz schon in Kraft, müsste beispielsweise ein Autokonzern, der 240 Milliarden Euro pro Jahr umsetzt und mit Manipulationen an Dieselfahrzeugen Behörden belügt undVerbraucher betrügt, mit Sanktionen bis zu 24 Milliarden Euro rechnen.
Lambrecht geht es, wie sie bei der Erläuterung des Entwurfes betonte, nicht um eine Belastung der Wirtschaft, sondern um mehr Fairness im Wettbewerb. „Der Ehrliche darf nicht der Dumme sein“, sagte die SPD-Politikerin. Mit dem Gesetz soll Kriminalität von Unternehmensmitarbeitern zugunsten ihres Betriebes dem Legalitätsprinzip unterfallen. Damit hat die Strafverfolgung kein Ermessen mehr, ob sie nach entsprechenden Hinweisen ermittelt, sie ist dazu gezwungen. Sie kann aber das Verfahren auch wieder einstellen. Unternehmen, die intensiv bei der Aufklärung mitwirken und Vorkehrungen gegen Wiederholungsgefahren treffen, können die Sanktionen deutlich abmildern.
Auf der anderen Seite dürfen die Staatsanwaltschaften interne Untersuchungen der Firmen beschlagnahmen, um sich einen detaillierten Einblick zu verschaffen. Wenn es sich jedoch um ein Verfahren mit dem Unternehmen als Beschuldigtem handelt, sind Verteidigerunterlagen tabu, und es steht auch der betroffenen Firma das bislang Einzelpersonen vorbehaltene Recht auf Auskunftsverweigerung zu.
Wiewohl Lambrecht darauf besteht, mit dem Entwurf die Vereinbarung mit der Union im Koalitionsvertrag „eins zu eins“umgesetzt zu haben, meldete Unions-Rechtspolitiker Jan-Marco Luczak Bedenken bei dem geplanten Register an, in das mit Sanktionen bestrafte Unternehmen eingetragen werden sollen. CSU-Landesgruppenvize Hans Michelbach warnte sogar vor einem „Generalangriff auf die Unternehmen“. Und auch der stellvertetende FDP-Fraktionsvorsitzende Stephan Thomae sah durch das Gesetz Schaden auf die deutsche Wirtschaft zukommen.