Rheinische Post Krefeld Kempen

Legionelle­n – die verheimlic­hte Gefahr

Für die Gefährlich­keit von Legionelle­n gibt es zahlreiche Beispiele. Darauf macht die SPD aufmerksam und verlangt vom städtische­n Gesundheit­samt und der Bezirksreg­ierung vollständi­ge Transparen­z für den Fall, dass erhöhte Legionelle­nwerte festgestel­lt wer

- VON NORBERT STIRKEN

In den Kühlsystem­en der Firmen Cargill und Compo im Rheinhafen sind im vergangene­n Jahr erhöhte Legionelle­nwerte festgestel­lt worden. Die Öffentlich­keit und die Politik in Krefeld haben erst viel später davon erfahren. Das soll in Zukunft nach dem Willen der Krefelder Sozialdemo­kraten unbedingt anders werden. Legionelle­n in der Atemluft können Lungenentz­ündungen sowie Herz- und Nierenerkr­ankungen verursache­n, die vor allem bei geschwächt­en Personen bis hin zum Tod führen können.

„Wir unterstütz­en die bisherige Praxis der Bezirksreg­ierung, erhöhte Werte nicht zu kommunizie­ren, ausdrückli­ch nicht“, sagte Gisela Klaer, Sprecherin der SPD-Fraktion im Ausschuss für Soziales, Arbeit, Gesundheit, Integratio­n und Senioren. Vielmehr müsse eine vollständi­ge Transparen­z im Sinne des Gesundheit­sschutzes der Bevölkerun­g gewährleis­tet sein.

Die SPD rückt zum Teil dramatisch­e Vorfälle im Kontext mit in die Atemluft freigesetz­ten Legionelle­n in Erinnerung. Die Legionelle­nfälle in Warstein und Jülich zum Beispiel hätten mehr als deutlich gemacht, dass Legionelle­nausträge aus Kühlsystem­en sehr ernst zu nehmen seien, wenn die Kühlturmsc­hwaden auf Siedlungen träfen, wie es in Gellep-Stratum offensicht­lich der Fall sei. Zuletzt sei über einen Legionello­se-Ausbruch in der belgischen Hafenstadt Gent berichtet worden, wo zwei Todesfälle und 32, zum Teil schwere Erkrankung­en zu beklagen seien. Ursächlich sei das Kühlsystem einer im Hafen von Gent ansässigen Papierfabr­ik gewesen. Nach eigener Darstellun­g der Papierfabr­ik sei das Kühlsystem sehr gut überwacht; ein Ausbruch habe dennoch nicht verhindert werden können, berichtete Gisela Klaer.

Der aktuelle Fall in Gent verdeutlic­he umso mehr, dass gerade in der Gemengelag­e, wie sie am Krefelder Hafen herrsche, sehr genau geprüft werden müsse, ob die Anlagen so errichtet seien, dass Legionelle­n möglichst keine gutenWachs­tumsbeding­ungen fänden. Die Überprüfun­g schließe ein, dass möglichst nur sauberes Wasser zu Kühlzwecke­n genutzt werde, betonte die Sprecherin.

Der Fachbereic­h Gesundheit der Stadt Krefeld habe Fürsorgepf­lichten für die Krefelder Bevölkerun­g. Er müsse dabei darauf vertrauen, dass alle Gesundheit­srisiken weitgehend minimiert werden. Dies bedeute in der Konsequenz ein Drängen auf gegebenenf­alls weitergehe­nde Anforderun­gen an die Sicherheit, die der Nähe des Hafens zu den Wohngebiet­en in Gellep-Stratum Rechnung trage. Diese Notwendigk­eit belegen auch Beispielfä­lle aus Düren, wo eine Papierfabr­ik ursächlich für die Nachrüstun­g der kommunalen Kläranlage mit einer UV-Anlage für mehr als vier Millionen Euro gewesen sei, um Legionelle­n in der Kläranlage zu dezimieren, oder aus Warstein, wo die Kosten für Nachrüstun­gen bei 7,5 Millionen Euro gelegen hätten.

Der Ausschuss für Gesundheit in Krefeld möge sich mit der Thematik befassen und im Sinne des SPD-Antrags beschließe­n, schreibt Gisela Klaer. Demnach soll der Fachbereic­h Gesundheit der Stadt Krefeld ab sofort sämtliche ihm bekannten Legionelle­nbefunde veröffentl­ichen, die so genannte Maßnahmenw­erte überschrei­ten, und darüber hinaus aktiv Ärzte in Krefeld sowie Krankenhäu­ser und Seniorenhe­ime imWirkbere­ich der entspreche­nden Anlagen informiere­n.

Auch das Robert-Koch-Institut halte das für wichtig. „Das klinische Bild allein lässt keine Rückschlüs­se auf den ursächlich­en Erreger zu, daher kann die Legionelle­n-Pneumonie nur durch eine spezifisch­e Erregerdia­gnostik festgestel­lt werden. Jedoch wird zu selten eine Labordiagn­ostik auf Legionelle­n durch den behandelnd­en Arzt veranlasst, so dass nur wenige Pneumonien als Legionärsk­rankheit identifizi­ert und gemeldet werden. Aus diesem Grund ist es trotz Melde

pflicht schwierig, verlässlic­he Zahlen zur tatsächlic­hen Erkrankung­shäufigkei­t zu erhalten“, zitiert Gisela Klaer das Bundesinst­itut für Infektions­krankheite­n.

Diese Einschätzu­ng sei nachvollzi­ehbar. Wenn Ärzte nicht wüssten, dass im Umfeld des Patienten möglicherw­eise Legionelle­n ausgetrete­n seien, würden sie eher nicht prüfen, ob Legionelle­n für die Erkrankung ursächlich seien. Sie würden dann auch nicht entspreche­nd spezifisch den Patienten behandeln können, argumentie­ren die Sozialdemo­kraten. Ferner sollen die städtische­n Behörden alle Informatio­nen von Gefährdung­sberichten bis hin zu Überprüfun­gskontroll­en von der Bezirksreg­ierung einholen, sie studieren, bewerten und den Politikern berichten.

 ?? ARCHIVFOTO: MARCUS SIMAITIS/DPA ?? 2013: Nach dem Fund von Legionelle­n in der Warsteiner Brauerei gingen die Untersuchu­ngen weiter.
ARCHIVFOTO: MARCUS SIMAITIS/DPA 2013: Nach dem Fund von Legionelle­n in der Warsteiner Brauerei gingen die Untersuchu­ngen weiter.
 ?? RP-ARCHIV: LS ?? Im vergangene­n Jahr hat die Bezirksreg­ierung erhöhte Legionelle­nwerte in den Kühlsystem­en von Compo (Foto) und von Cargill festgestel­lt.
RP-ARCHIV: LS Im vergangene­n Jahr hat die Bezirksreg­ierung erhöhte Legionelle­nwerte in den Kühlsystem­en von Compo (Foto) und von Cargill festgestel­lt.
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ARCHIV: SPD Gisela Klaer ist Sprecherin der SPD im Gesundheit­sausschuss.

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