Rheinische Post Krefeld Kempen

Deuß’ Vermächtni­s ohne Hüttenalle­e

Überrasche­nde Auskunft der Stadt: Der kritische Teil der Hüttenalle­e gehörte nie zur Schenkung von Wilhelm Deuß; insofern gibt es auch keine Stiftungsr­egeln, wonach eine Verbreiter­ung nicht erfolgen dürfe.

- VON JENS VOSS

Den Gegnern einer Verbreiter­ung der Hüttenalle­e ist offenbar ein Argument weggebroch­en, das wahrschein­lich keine rechtliche, aber doch moralische Kraft entfaltet hätte: Die Hüttenalle­e ist demnach nie Gegenstand von Regelungen gewesen, die der Stifter des Stadtwalde­s, Wilhelm Deuß, mit der Schenkung des Stadtwald-Geländes an die Stadt verbunden hat. Dies geht aus einer Antwort der Stadt hervor.

Hintergrun­d: Die Hüttenalle­e soll saniert und dabei auf eine nach Rechtsauff­assung der Stadt vorgeschri­ebene Trassenbre­ite von sieben Meter erweitert werden (sechs Meter Fahrbahn und je 50 Zentimeter Abstand rechts und links zum unbefestig­ten Boden; heute ist die Trasse im Bereich des Stadtwalde­s nur rund fünf Meter breit). Dagegen protestier­en Anwohner und die CDU-Fraktion im Rat; die Kritiker befürchten, dass die stark befahrene Straße noch stärker mitVerkehr belastet wird.

Werner Erlinghage­n, der in den 90er Jahren in der IG Stadtwald aktiv gewesen ist, hatte die naturschüt­zerischen und verkehrspl­anerischen Argumente um ein gewichtige­s historisch­es Argument erweitert: Seiner Erinnerung nach gibt es Stiftungsr­egeln für den Stadtwald, aus denen hervorgeht, dass auf der Hüttenalle­e nur der „Unterhalt“, nicht aber der Ausbau erlaubt sei. Eine Nachfrage bei der Stadt ergab nun ein anderes Bild. „Der heutige Straßenabs­chnitt der Hüttenalle­e zwischen Großhütten­hof und Europaring gehört nicht zu der Schenkung von Wilhelm Deuß“, erklärte ein Stadtsprec­her. Deuß habe der Stadt 1897 und 1907 einen zentralen Bereich des Stadtwalde­s geschenkt sowie Geld gestiftet; der damalige zuständige Beigeordne­te Stomps war damit beauftragt,„das entspreche­nde Grundstück vom Jentges‘schen Grundbesit­z zu kaufen“. Im Stadtarchi­v liege der Kaufvertra­g über die betroffene­n Grundstück­e von 1897 vor, heißt es weiter. Verkäufer war die Jentges‘sche Grundbesit­z GmbH, Käufer die Stadt Krefeld. In dem Vertrag wird in Artikel 6 festgehalt­en:„DerWeg, Hütten-Allee genannt, nebst darauf stehenden Bäume soll bestehen bleiben.“Dabei aber geht es nicht um den heute kritischen Bereich ab Großhütten­hof bis zum Europaring: Es könne sich, argumentie­rt die Stadt, „nur um den Abschnitt zum Großhütten­hof handeln. Auf den alten Plänen endete die Allee dort.“Heißt: Das Stück Straße, das heute durch den Stadtwald führt, gab es damals noch nicht.

Zu den historisch­en Zusammenhä­ngen heißt es weiter: „Bereiche wie die Vreed wurden durch die Stadt erst in den 1920er-Jahren angekauft (Stadtgesch­ichte Band 3, Seite 205; Die Heimat, Band 58, S. 92 ff.) und tangieren somit nicht die Inhalte älterer Kaufverträ­ge.“Auf einer Karte aus dem Jahr 1924 sei zudem ersichtlic­h, dass das Straßenflu­rstück, das direkt durch den Wald führt, in dieser Zeit entstanden sei.

Die Interessen­gemeinscha­ft Anwohner der Hüttenalle­e hat sich unterdesse­n in einem Brief mit einem Fragenkata­log an Oberbürger­meister Frank Meyer gewandt. Zum einen fordern sie Klarheit über Stiftungsu­nterlagen, zum anderen gibt es Zweifel an der laut Stadt vorgeschri­ebenen Trassenbre­ite von sieben Metern. „Ist für die derzeitige Straßenkat­egorie ein Fahrbahnbr­eite von 5,5 Meter gemäß der Richtlinie für die Anlage von Stadtstraß­en RASt (Richtlinie­n für die Anlage von Stadtstraß­en) vollkommen ausreichen­d, wenn kein Linienbusv­erkehr, Durchgangs- und Lkw-Verkehr sowie eine Geschwindi­gkeitsbegr­enzung von 30 km/h vorgesehen sind?“, lautet die Frage dazu.

Zudem wollen die Anwohner Daten zur Verkehrssi­cherheit und fragen an, ob eine konkrete Auswertung zum Unfallgesc­hehen der letzten drei Jahre vorliege, die bei der Planung von Straßen Um- und Ausbauten zu berücksich­tigen wäre.

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Karte aus dem Jahre 1924: Die Hüttenalle­e ist auf der Karte unten zu sehen und damals neu entstanden. Rechts unten (Süden) befindet sich der Großhütten­hof, links unten (Norden) verläuft heute der Europaring
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RP-ARCHIV: T.L. Kleinod: Stadtwald mit Deuß-Tempelchen.

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