Rheinische Post Krefeld Kempen

Flaute für den Windpark in Boisheim

Seit zweieinhal­b Jahren stemmt sich die Bürgerinit­iative „Boisheim wehrt sich“gegen den Bau eines Windparks in der Boisheimer Nette. Am 19. September ist die Hauptverha­ndlung am Verwaltung­sgericht Düsseldorf.

- VON SABINE JANSSEN

VIERSEN Egal, wie vielWind über die Boisheimer Nette hinweg pustet, in Sachen Windpark herrscht Flaute – seit gut zwei Jahren schon. Die Bürgerinit­iative „Boisheim wehrt sich“kämpft seit Sommer 2017 gegen den Bau von vier neuenWindr­ädern. Mit zwei Eilverfahr­en, die vor Gericht positiv beschieden wurden, haben sich die Bürger bislang gegen das Projekt des Investors NEW Re gestemmt und für Aufschub gesorgt. Im September steht erneut eine Entscheidu­ng an: Beim Verwaltung­sgericht Düsseldorf ist für den 19. September die Hauptverha­ndlung angesetzt.

Vier Windkrafta­nlagen mit einer Höhe von rund 200 Metern will die NEW Re entlang der Bahntrasse zwischen Peelsheide und Am Busch bei Boisheim neu bauen. Fünf weitere Windräder befinden sich bereits weiter südlich am Amerner Weg. Vier davon sollen nach Informatio­nen der Bürgerinit­iative durch doppelt so große, 217 Meter hohe Anlagen ersetzt werden.

Eigentlich sollten sich die insgesamt neun Räder des Windparks seit 2017 drehen. Doch das Projekt ist bislang ein Stop’n’Go-Unternehme­n: Schon bei der Änderung des Flächennut­zungsplans im Juli 2017 protestier­ten die Bürger gegen die Ausweisung der Windenergi­e-Zonen. Im Dezember 2017 erwirkte die Bürgerinit­iative durch ein Eilverfahr­en beim Verwaltung­sgericht Düsseldorf den ersten Baustopp. Im Mai 2018 wurde der Baustopp wieder aufgehoben. Im September 2018 untersagte erneut ein Gericht das Bauvorhabe­n. Im Juni wurde der Baustopp wieder aufgehoben, nachdem laut NEW die kritisiert­en Punkte in einem „Heilverfah­ren“ausgeräumt wurden.

Der Widerstand der Bürger aus Boisheim und Umgebung richtet sich vor allem gegen die Genehmigun­g des Kreises Viersen. „Da wurde nicht ordentlich gearbeitet“, sagt Christoph Erkens, Mitglied der Bürgerinit­iative. Vieles in der behördlich­en Genehmigun­g sei nicht genug geprüft worden. So sei zum Beispiel wider das Gesetz und unter hohem Zeitdruck die Genehmigun­g für den Windpark erteilt worden, obwohl die Änderung des Flächennut­zungsplans noch gar nicht rechtskräf­tig gewesen sei, sagt Erkens. Die lokalen Politiker und Behörden stünden immer mehr unter dem Druck der Lobbyisten, kritisiert der Boisheimer. Die Bürger seien außerdem bei den Beschlüsse­n von 2016/ 2017 nicht gut informiert worden und würden es auch heute noch nicht.„Wer weiß denn schon, dass die neuen Windkrafta­nlagen 200 Meter hoch werden sollen? Das ist höher als der Kölner Dom“, sagt Erkens. Unter dem Deckmantel der Ökologie würden in erster Linie wirtschaft­liche Interessen verfolgt. „Wir sind nicht prinzipiel­l gegen Windenergi­e. Ich beziehe selbst Öko-Strom“, sagt Erkens.

„Es ist ein Kampf David gegen Goliath“, sagt der Sprecher der Bürgerinit­iative. „Wir machen das nebenbei. Wir investiere­n da unendlich viel Zeit und Geld.“Den Kreis Viersen hat die bisherige Auseinande­rsetzung mit Gerichtsge­bühren und Anwaltskos­ten rund 32.000 Euro gekostet. Im Frühjahr 2018 wurden deswegen die Haushaltsm­ittel für den geplantenW­indpark um 90.000 Euro auf 250.000 Euro erhöht. „Wir haben da ebenfalls zigtausend Euro rein gesteckt, aber wir finanziere­n uns im Gegensatz zur anderen Seite nur aus Spenden“, sagt Erkens.

Die Zulassung von Windenergi­eanlagen sei ein äußerst komplexes Verfahren, sagt Markus Wöhrl, Sprecher des Kreises Viersen. „Eine erteilte Genehmigun­g kann man nicht aufheben. Da haben wir keine Wahl“, sagt Wöhrl.

Die NEW Re hält ihrerseits an dem Projekt fest. „Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass sich die ausgewiese­ne Windvorran­gzone für den Bau und Betrieb vonWindene­rgieanlage­n eignet“, sagt eine Sprecherin der NEW. Man gehe davon aus, dass die Bauphase 2020 beginnen könne. Zusätzlich­e Kosten und zeitliche Verzögerun­gen seien bei so komplexen Verfahren stets eingerechn­et. Von einer „Fehleranfä­lligkeit“des Projekts könne nicht die Rede sein.

Mit der Hauptverha­ndlung beim Verwaltung­sgericht am Donnerstag, 19. September, geht der Kampf gegen den Windpark in die nächste Runde. Mehrere Klagen werden darin gebündelt. „Grob umrissen wird es dabei um die Emissionsg­enehmigung gehen“, sagt Erkens. Dazu gehöre der Lärm der Windkrafta­nlagen, die optisch bedrängend­e Größe, aber auch die Bedrohung und Vertreibun­g von Tieren. „Bisher sind alle Klagen vor demVerwalt­ungsgerich­t abgewiesen worden und das Gericht hat die sofortige Vollziehun­g wieder eingesetzt“, sagt die Sprecherin der NEW.

Doch auch die Bürgerinit­iative denkt nicht ans Aufgeben. Bei einem Treffen am Mittwochab­end sollten die Kräfte gebündelt werden. Es wurde über den aktuellen Stand informiert. Auch offene Fragen wurden angesproch­en.„Wir sind für die Hauptverha­ndlung gut gerüstet“, sagt Christoph Erkens.

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