Rheinische Post Krefeld Kempen
Krefelder Künstler in den Top 100 der Welt
Über den Maßstab Umsatz lässt sich als Kriterium für Kunst trefflich streiten: Welcher Künstler hat durch den Verkauf seiner Werke das meiste Geld eingespielt. Das Ergebnis ist in seiner Aussagekraft gleichwohl nicht ohne Belang. Pablo Picasso führt die R
Krefelds teuerster Künstler Albert Oehlen führt Kunstkenner und -betrachter seit Jahrzehnten immer wieder in die Irre. Er spielt Katz und Maus mit denen, die ihn einordnen und katalogisieren möchten. Er hat dieses Rollenspiel im Laufe der Zeit zur Perfektion entwickelt. Seine Arbeiten werden hoch gehandelt. und Auktionshäusern über mehr als 30 Millionen Indizes und Verkaufsergebnisse von mehr als 700.000 Künstlern. In diesen Tagen veröffentlichten sie den Artprice100-Index für das erste Halbjahr 2019. Das Ranking gibt einen Überblick darüber, welche Künstler mit ihrenWerken derzeit den Markt weltweit beherrschen.
Unter den umsatzstärksten 100 Künstlern befindet sich der in Krefeld geborene Albert Oehlen, der seit vielen Jahren in der Schweiz lebt, auf Platz 99, knapp hinter berühmten Größen wie Paul Klee (96) und Emil Nolde (95). Der bestplatzierte deutsche Künstler ist Gerhard Richter (6), der sich in direkter Nachbarschaft zu Pablo Picasso (1), Andy Warhol (2), Claude Monet (3 und diversen chinesischen Künstlern befindet, die in Europa und Deutschland fast nur Experten bekannt sind. Der in Deutschland populäre chinesische Star-Künstler Ai Weiwei taucht im Übrigen in der Top 100 nicht auf. Stattdessen sind Namen wie Qi Baishi (4), Zao Wou-Ki (7), Fu Baoshi (8) und Wu Guanzhong (12) genannt. Eine Zeichnung (wohlgemerkt kein Gemälde) Guanzhongs kam im Juni für 20,8 Millionen US-Dollar unter den Hammer.
Oehlen hat an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg bei Sigmar Polke studiert. Noch während des Studiums sorgte er gemeinsam mit Werner Büttner in der Hansestadt für Aufsehen. In einer Auftragsarbeit für eine große Buchhandlung tauchte ein pornografisches Detail auf. Die Künstler entschuldigten sich medienwirksam und beseitigten das Ärgernis. Aus heutiger Sicht scheinen zwei gewitzte junge Leute die vorhersehbaren Mechanismen der Medien und des Marktes genutzt zu haben, um Öffentlichkeit zu erzeugen. Pornografie, Religion und Nationalsozialismus gehen immer, um eine größtmögliche Reaktion zu bekommen. Oehlens Künstlerfreunde Martin Kippenberger und Jonathan Meese nutzten dieses Wissen und trieben die Anwendung gewissermaßen auf die Spitze.
In einer Analyse der Auktionsumsätze der meist nachgefragten deutschen Künstler (ermittelt aus den Erlösen des Jahres 2016) taucht neben Oehlen ein weiterer in Krefeld geborener Künstler auf: der von den Kunstszenen in Kleve und Düsseldorf vereinnahmte Joseph Beuys. Der große Provokateur führt die Liste nach der Zahl der versteigerten Arbeiten an. 396 seiner Objekte erhielten für insgesamt 3,4 Millionen Euro den Zuschlag. Der höchste Preis für ein Beuys-Unikat betrug 1,2 Millionen Euro. Die übrigen Objekte wechselten im Durchschnitt für 5500 Euro den Besitzer. Beuys starb 1986. Nachschub gibt es nicht, und seine großen Installationen und Objekte finden sich in Museen und großen Sammlungen. In der Regel stehen lediglich Drucke und Multiples wie sein Filzanzug und ähnliches zum Verkauf. Was den Umsatz anbetrifft liegt Beuys auf Platz 28 unter den deutschen Künstlern, ist in der aktuellen Top 100 weltweit aber nicht gelistet – wie andere bekannte Deutsche auch: etwa Markus Lüpertz und Jörg Immendorff.
Der Krefeler Albert Oehlen erzielte mit nur 19 Verkäufen 4,9 Millionen Euro Umsatz und lag in der Auswertung der 2016-er Ergebnisse auf Platz 21 der deutschen Top 30. 1,7 Millionen Euro brachte sein teuerstes Gemälde auf einer Auktion ein. Sein damaliger Lehrer Sigmar Polke rangiert übrigens hinter Gerhard Richter mit 190 Millionen Euro Umsatz bei Auktionen auf Platz zwei. Polkes Arbeiten waren den Bietern 21,9 Millionen Euro wert.