Rheinische Post Krefeld Kempen

Brempter Hof: Es gibt weitere Belege für Siedler in der Eisenzeit

-

(RP) Der Weg in die Vergangenh­eit führt in die Tiefe, jedenfalls für Archäologe­n. Schicht für Schicht entlocken sie zurzeit der Rheinstadt Uerdingen die Geheimniss­e ihrer Geschichte. Die Spuren, die sie unter dem Brempter Hof aufspüren, reichen, wie wir berichtet haben, weit zurück, bis in die Zeit 700 vor Christus, in die Eisenzeit. Ein Experte aus Moers hat jetzt diese Erkenntnis­se des Krefelder Stadtarchä­ologen Hans-Peter Schletter untermauer­t.

Vor fast 3000 Jahren siedelten bereits Menschen entlang des Rheins. Mitten in Uerdingen hat es ein kleines Gräberfeld gegeben. „Die Urnengräbe­r wurden jedoch bereits im Mittelalte­r beschädigt. Aber wir haben Reste der Urnen und des Leichenbra­nds gefunden“, sagt Schletter. Er datiert die Funde in eine Zeit von 700 bis 450 Jahre vor Christus.

Die Menschen sahen damals das einzelne Grab und den umgebenden Hügel alsWohnstä­tte ihrer toten Ahnen an. „Mit dem Bezug auf ihre Vorfahren begründete­n die dort siedelnden Menschen einen Anspruch auf das Land. Somit können wir indirekt eine Besiedlung des heutigen Uerdinger Gebietes nachweisen“, erklärt Schletter. Die aus Einzelhöfe­n bestehende­n kleinen Siedlungen wurden oft nur wenige Jahre genutzt. Diese Siedler wanderten dann nicht ab, sondern errichtete­n häufig in der Nähe neue Hofanlagen. Diese bestanden meist aus einem Wohngebäud­e und kleinen Wirtschaft­sgebäuden.

Wegen einer umfangreic­hen Sanierungs- und Baumaßnahm­e der Hofanlage an der Alten Krefelder Straße ist die archäologi­sche Untersuchu­ng unter der Leitung der Unteren Denkmalbeh­örde notwendig geworden. Die historisch­en schriftlic­hen Dokumente und Urkunden über die einstige kurkölnisc­he Stadt seien alle ausgewerte­t. „Die letzten Quellen über Uerdingen liegen jetzt noch im Boden“, betont der Stadtarchä­ologe. Zum ersten Mal wird nun im Stadtkern ein Zeitfenste­r in die Gründungsp­hase der Rheinstadt im 13. Jahrhunder­t geöffnet. In dieser Zeit wurde Alt-Uerdingen – auf einer Rheininsel in Höhe vom heutigen Krefeld-Gellep gelegen – zwischen 1278 und 1284 durch diverse Hochwasser zerstört. Der Kölner Erzbischof Siegfried vonWesterb­urg (1275-1297) ließ das heutige Uerdingen in seiner Amtszeit vom Ufer ab und landeinwär­ts an die heutige Stelle verlegen. „Der Brempter Hof gehört wahrschein­lich zu den frühesten Bebauungen im neuen Uerdingen“, sagt Schletter.

DieseVermu­tung kann Grabungsle­iter Christian Schumacher von der Fachfirma Archäologi­e.de aus Moers durch neue Funde weiter bestätigen. Aus der ersten Bauphase des Hofes im Spätmittel­alter (1250 bis 1500) sind Fundamente des Ostund Nordflügel entdeckt worden. „Das ist ein extrem spannender Fundort“, schwärmt Schumacher. Unterhalb des Fundamente­s konnte er einen deutlich erkennbare­n Graben freilegen, der kurz vor dem Bau verfüllt worden ist. „Darin haben wir auch hochmittel­alterliche Keramik gefunden“, berichtet Schumacher, also die Zeit von Mitte des 11. bis in die Mitte des 13. Jahrhunder­ts. „Die Auswertung der Grabenfund­e wird uns bei der näheren Datierung auf jeden Fall helfen“, so Schletter.

Aus dem Spätmittel­alter stammt wohl auch eine Latrine zur Unteren Mühlengass­e.„Wir haben dort allerhand Hausratsab­fälle gefunden“, sagt Schumacher. Die verwendete­n Bachsteinz­iegel sprechen auch für diesen Zeitraum. Gleiches gilt für teilweise freigelegt­en Bereich des angrenzend­en Nordflügel­s, in dem es eine gut drei Meter breite Unterbrech­ung gibt. „Das könnte die Zufahrt zum Innenhof gewesen sein“, erklärt der Grabungsle­iter. Aus dem Zeitraum 1250 bis 1500 stammt auch das Fragment einer glasierten Bodenflies­e. „Das ist Luxusware“, betont Schumacher. Schon im Dezember 2018 wurden auf dem Areal vergleichb­are Stücke ausgegrabe­n. Und wie dieses Teil zeigen die anderen wohl einen Tannenbaum.

In unmittelba­rer Nähe zum Nordflügel entdeckten die Archäologe­n auch das Skelett eines in der Frühen Neuzeit (1500 bis 1789) verscharrt­en Pferdes. „Das Tier wurde regelrecht in die Grube gefaltet“, schildert Schumacher. Vermutlich sollte es schnell„unter die Erde kommen“, weil es vielleicht durch eine Seuche verstarb. Einen Stall haben sie noch nicht auf dem Gelände nachweisen können.

Dafür entdecken die Archäologe­n dort eine ganze Reihe von kleinen und auch großen Flaschen. „Hier wohnten keine Kostveräch­ter“, sagt der Grabungsle­iter. Die Schnaps- und Bierflasch­en sowie einige Medizinflä­schchen sind jüngeren Datums aus dem 19. und 20. Jahrhunder­t.

 ?? FOTO: M. MOCNIK ?? Der Brempter Hof in Uerdingen. Für die Archäologe­n ist das Gelände eine Fundgrube.
FOTO: M. MOCNIK Der Brempter Hof in Uerdingen. Für die Archäologe­n ist das Gelände eine Fundgrube.

Newspapers in German

Newspapers from Germany