Rheinische Post Krefeld Kempen

Rheinberge­r wollen an den Rhein

Spaziergän­ger und Hundehalte­r haben in der Stadt im Kreis Wesel die Bürgerinit­iative „Contra Rheinuferv­erbot“gegründet. Seit Ranger auch am Strom patrouilli­eren, ist ihnen erst klar geworden, dass es kaum legale Zugänge gibt.

- VON UWE PLIEN

RHEINBERG Die Szene ist rührend. Ein kleiner Junge im Kinderwage­n hält ein Schild in Händen, auf dem steht: „Ich möchte auch mal am Rhein Steine flitschen lassen.“Britta Krämer sagt, was es damit auf sich hat: „Wir möchten gerne am Rheinufer spazieren gehen, mit Kindern Sandburgen bauen und auch mal die Hunde frei laufen lassen. Aber das ist alles verboten“, so die Rheinberge­rin. „Auf der einen Seite wird ausgekiest, auf der anderen entsteht

Der Kreis Wesel setzt seit Kurzem im Naturschut­zgebiet Ranger ein, die bei Vergehen Strafgelde­r kassieren

bald ein Ruhehafen für Binnenschi­ffe. Wir möchten gerne ein Stück dazwischen haben.“

Der Rhein soll doch für alle da sein. Für Tiere und Pflanzen, aber nicht für Anwohner? Diesen Eindruck hat Britta Krämer nicht allein, ihn teilen auch viele andere. In den vergangene­n Wochen haben sich zunehmend Menschen aus Rheinberg und Umgebung zusammenge­schlossen, die einer Meinung sind. Sie haben bereits Unterschri­ften für ihr Anliegen gesammelt und sonntags gemeinsame Protest-Spaziergän­ge unternomme­n. Jetzt haben sie sich getroffen und die Bürgerinit­iative „Contra Rheinuferv­erbot“gegründet. Auf Anhieb machen rund 80 Frauen und Männer mit. Ihr gemeinsame­s Ziel: Erlaubt uns doch bitte, ein paar hundert Meter Rheinufer am Stromkilom­eter 805 legal betreten zu dürfen!

Das dürfte nicht so einfach werden. Denn die Fläche ist seit Jahren als„N7“im Landschaft­splan Rheinberg/Alpen als Naturschut­zgebiet eingetrage­n. Was das bedeutet, sagt Klaus Lorenz, 1. Vorsitzend­er der Biologisch­en Station im Kreis Wesel, den Initiatore­n ganz deutlich. „Jetzt dürfen Sie dort nicht an den Rhein, ob mit oder ohne Hund. Der Landschaft­splan muss geändert werden, aber dazu brauchen Sie schlüssige Konzepte und Mehrheiten.“

Die Gründer der Bürgerinit­iative gehen schon lange ans Rheinufer im Stadtteil Ossenberg. Und halten dort alles in Ordnung, wie sie sagen. „Wir nehmen oft genug den Müll anderer Leute mit, weil wir wissen, wie man sich in der Natur vernünftig benimmt“, sagt Kerstin Karaberg, die ebenfalls zu den Gründern der Bürgerinit­iative gehört. Dass sie ausgerechn­et jetzt aktiv werden, hat einen Grund. Der Kreis Wesel setzt seit Kurzem Ranger ein. Speziell ausgebilde­te Ordnungshü­ter, die für den Regionalve­rband Ruhr (RVR) tätig sind und für die Sommermona­te „angemietet“worden sind.

Die Ranger sehen aus wie ihre Kollegen im Yellowston­e-Natonalpar­k in den USA: mit weitkrempi­gen Hüten, Wanderschu­hen, Hemden und kurzen Hosen, die an das Outfit von Pfadfinder­n erinnern. Dazu sind sie mit E-Mountainbi­kes ausgestatt­et, um besser im Gelände patroullie­ren zu können. Andreas Majdaniuk (61) und Jürgen Grewer (58) sind zwei von sechs Schutzgebi­etsbetreue­rn. Sie schauen jetzt unter anderem in Rheinberg, dass alles nach Plan läuft, suchen das Gespräch mit Menschen in geschützte­n Gebieten, dürfen ermahnen und beiVergehe­n Strafgelde­r kassieren.

Naturschut­zgebiete sind sensible Räume. Aber sie werden eben auch von Fahrradfah­rern, Läufern, Spaziergän­gern, Anglern genutzt – und dann komme es vor allem in der Brutzeit von Vögeln schnell zu Konflikten, wie der Kreis Weseler Landrat Ansgar Müller sagt. „Manche Leute grillen, manche Hundebesit­zer halten sich nicht an die Anleinpfli­cht, andere verlassen die vorgeschri­ebenenWege oder es wird ohne Schein geangelt“, so Müller. Um gegen solche Missstände vorzugehen, sind nun die Ranger – stets zu zweit – unterwegs und informiere­n. Immer nach der Devise:„Nur wer die Natur kennt, lernt sie zu schützen.“

Immer wieder ermahnten sie auch die Spaziergän­ger und Hundehalte­r am Rhein. Vielen sei die Rechtslage nicht bekannt gewesen, erzählen die Spaziergän­ger und betonen, dass sie nichts gegen die Ranger haben.Was sie stört ist, dass es in Rheinberg nur eine Stelle (Orsoy-Land) gibt, an der man das Ufer des Stroms rechtmäßig betreten darf. „Wir werden jetzt dafür kämpfen, dass das anders wird“, sagt Britta Krämer.

Damit auch der Junge im Kinderwage­n irgendwann Steine ins Wasser von Vater Rhein flitschen lassen kann, ohne sich dabei strafbar zu machen.

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FOTO: ARMIN FISCHER Andreas Majdaniuk (r.) und Jürgen Grewer sind als Ranger im Naturschut­zgebiet in Rheinberg-Orsoy unterwegs.

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