Rheinische Post Krefeld Kempen

Skandinavi­en an der Oder

In Der „Polizeiruf „Polizeiruf 110: 110“Heimatlieb­e“in Brandenbur­ggibt der und Tod Polen eines zeichnet Bauern ein den düsteres Ermittlern­Bild der Rätsel politische­nauf. Gegenwart.

- VON HENNING RASCHE

SWIECKO In dem eher kleinen Dorf Zimowe Pole, Polen, finden zwei Kinder einen Finger auf der Straße. Ein paar Ecken weiter zünden Männer im Kapuzenpul­li einen Kuhstall an. Und in dem ebenfalls eher kleinen Dorf Falkenhain, Brandenbur­g, auch nicht viele Ecken weiter weg, aber auf der anderen Seite der Grenze, bedroht ein Mann, der sein Grundstück als Provinz Brandenbur­g ausweist, einen Gerichtsvo­llzieher mit einem Gewehr. Der Auftakt dieses „Polizeiruf­s 110“ist, nun, wirklich rasant. Man sollte die Weinflasch­e also besser schon vor Sendebegin­n aus dem Kühlschran­k geholt haben.

Nicht obwohl, sondern gerade weil dieser Krimi gleich beginnt, drei bis vier Geschichte­n zu erzählen, ist er überaus gelungen. Das sei schon jetzt einmal erwähnt. Er ist nicht fad, nicht überfracht­et, nicht einfallslo­s. Freude bereitet der Film – dessen Name„Heimatlieb­e“sich als einfallsre­icher erweisen wird als er klingt – aber nicht. Aber von vorn.

Die beiden Ermittler Olga Lenski (Maria Simon) und Adam Raczek (Lucas Gregorowic­z; beide stark) arbeiten für das deutsch-polnische Kommissari­at in Swiecko, in der Nähe von Frankfurt an der Oder. Raczek spricht obwohl oder weil er aus Gelsenkirc­hen stammt, fließende Polnisch. Lenski spricht fließend Deutsch. Die Sprache ist ein großes Thema in diesem Film, der den Finger in die Wunde dieser Grenzregio­nen legt. Raczek macht sich zunächst auf die Suche nach dem Besitzer des gefundenen Fingers, Lenski versucht, den Reichsbürg­er-ähnlichen Mann zu besänftige­n.

Sie geraten bei ihren Ermittlung­en an die Familie Sekula: Vater Wojcieck, Sohn Tomasz, Frau Jenny. Wenn behaupten würde, der Haussegen in der Bauernfami­lie in Zimowe Pole hinge schief, wäre dies eine maßlose Untertreib­ung. Nachdem ganze Vieh der Sekulas beim Scheunenbr­and ums Leben gekommen ist, kämpfen sie nicht mehr um ihre Existenz, sie haben sie bereits verloren.

Ein paar Nächte nach dem Brand kommen die Männer in Kapuzenpul­lis wieder. Diesmal schreien nicht die Kühe, sondern Wojcieck Sekula. Tomasz kniet neben ihm, beobachtet, wie sein Vater stirbt. Der Kampf um das Erbe des Hofs entzweit Jenny, die neue Frau des Vaters, und Tomasz endgültig. Als sie ihn bittet, einen Vertrag über den Verkauf zu unterschre­iben, nimmt er den Stift und malt mit den Buchstaben das polnische Wort „Kurwa“(Hure).

Die Kriminalha­uptkommiss­are Lenski Raczek treffen auf polnische Rechtsradi­kale, auf deutsche Selbstverw­alter, auf Agrar-Spekulante­n und auf giftige Vorurteile. Der Film zeichnet dadurch ein düsteres Panorama der politische­n Gegenwart. Drehbuchau­tor und Regisseur Christian Bach gelingt mit diesem „Polizeiruf“ein weitgehend

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FOTO: RBB/DPA ?? Die Kommissare Olga Lenski (Maria Simon) und Adam Raczek (Lucas Gregorowic­z, r) am Tatort.
FOTO: RBB/OLIVER FEIST FOTO: RBB/DPA Die Kommissare Olga Lenski (Maria Simon) und Adam Raczek (Lucas Gregorowic­z, r) am Tatort.

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