Rheinische Post Krefeld Kempen
Maritimes Erbe an der Dänischen Riviera
Einst lebte Helsingör vom Öresundzoll und vom Schiffbau. Heute ziehen ein Schloss, maritime Museen und feinsandige Strände Touristen an. Helsingör
„Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage?“William Shakespeare wählte Schloss Kronborg in Helsingör als den Ort, an dem er den dänischen Prinzen Hamlet diesen berühmt gewordenen Satz aussprechen ließ. In der Festung, die auf einer Landzunge am nordöstlichsten Ende Seelands thront, täuschte HamletWahnsinn vor, um zu erfahren, ob sein Onkel Claudius seinen Vater ermordete, um selbst König von Dänemark zu werden.
„Die meisten Besucher denken bei Kronborg nur an das Theaterstück, das Shakespeare um 1600 schrieb“, sagt Schlossführerin Louise Hansen: „Während der Sommermonate finden hier seit 200 Jahren Aufführungen statt, und Schauspieler flanieren als Hamlet, Ophelia, Königin Gertrude und König Claudius über den Schlosshof, durch den Ballsaal, die feuchten Kasematten oder über die windigenWälle.“Doch die Kleinstadt 50 Kilometer nördlich von Kopenhagen hat auch ein großes maritimes Erbe, das bis ins 15. Jahrhundert zurückreicht. „Der damalige König, Erik von Pommern, ließ an der Stelle des heutigen Schlosses die Burg „Krogen“errichten“, erklärt Hansen: „Sie bewachte die Einfahrt in den Öresund, der die Ostsee mit dem Kattegat verbindet.“428 Jahre lang – von 1429 bis 1857 – hatten Kapitäne, die das Gewässer passierten, Gebühren zu entrichten, was Helsingör zur Blüte verhalf. Im Gegenzug sorgten die dänischen Könige für eine sichere Reise mit Küsten- und Seezeichen und Schutz vor Seeräubern.
1882, als der Sundzoll bereits abgeschafft war, entstand in der Nähe der Festung eine Werft. Über 400 Schiffe liefen vom Stapel, bis in den 1980er Jahren die große Werftenkrise den Erfolg beendete. Aus der einstigen Industrie- entwickelte sich eine Kulturmetropole mit zahlreichen Museen. Im Umland reihen sich ehemalige Fischerdörfer mit langen, feinsandigen Stränden aneinander. Die „Dänische Riviera“erstreckt sich vom Öresund im Osten 230 Kilometer über Helsingör, Gilleleje, Tisvildeleje, Hundested bis in die Sejerø Bucht im Westen.
Am Pier in Helsingörs Kulturhafen sitzt ein Jüngling aus glänzendem Edelstahl und blinzelt hinüber zum Kulturzentrum „Kulturvaerftet“, das in Kombination mit moderner Architektur aus Glas und Stahl in den früherenWerftgebäuden entstanden ist. HAN (deutsch „ER“) lautet der Name des jüngeren Bruders der kleinen Meerjungfrau in Kopenhagen. Er ist ein Symbol für die postindustrielle Zeit Helsingörs. Ein paar Schritte weiter in der Allégade trifft man auf vier in Bronze gegossene Werftarbeiter: Männer unterschiedlicher Generationen auf demWeg zur Arbeit. Doch hinter der alten Backsteinfassade befindet sich heute nur noch das „Vaerftsmuseet“. Arbeitsutensilien und Modelle von Schiffen, die in Helsingör gefertigt wurden, zeigen die tiefe Verwurzelung mit einer Epoche, in der der Schiffbau das Leben der meisten Familien bestimmte.
Von weitem ist das „Museet for Søfart“fast unsichtbar, denn es liegt neun Meter unter dem Meeresspiegel in einem ehemaligen Trockendock. Über eine rampenartige Zick-ZackBrücke gelangt man hinab zum Eingang. „Seit 1915 gab es bereits ein „Handels- og Søfartsmuseet“im Schloss Kronborg. Irgendwann war es ein wenig verstaubt. So reifte die Idee, auf dem früherenWerftgelände ein futuristisches, interaktives Museum zu konzipieren“, berichtet Kurator Benjamin Asmussen: „Um den Unesco-Titel zu behalten, durfte der Blick zum Schloss Kronborg nicht verbaut werden. Also kam nur eine unterirdische Lösung in Frage.“Das Architekturbüro BIG (Bjarke Ingels Group) aus Kopenhagen erhielt den Auftrag, obwohl die Kosten dreimal höher lagen als bei den überirdischen Vorschlägen. „Die Konstruktion des Gebäudes ist mindestens genauso faszinierend wie die Ausstellungen“, meint Benjamin Asmussen: „460 Stahlpfähle wurden 40 Meter tief in den Boden gerammt, damit das Grundwasser das Dock nicht nach oben drückt.“
Die Reise durch Jahrhunderte dänische Seefahrt beginnt am roten Leuchtturm. Statt trockener, erklärender Worte dominieren Bilder und Töne. Vitrinen, die an Bullaugen erinnern, sind mit Gegenständen befüllt, die Matrosen auf ihren Landgängen sammelten. Über Holzkisten flimmern Filme, die einen Eindruck von Anreise Helsingör liegt 50 Kilometer nördlich von Kopenhagen. Vom Kopenhagener Hauptbahnhof gelangt man in 45 Minuten per Zug nach Helsingör. Von Düsseldorf Direktflug mit Eurowings (www.eurowings.com) oder SAS (www. flysas.com/de/de).
www.visitdenmark.de/de
der schweren Arbeit zurzeit der Stückgut-Ära vermitteln. Im Rotlichtmilieu kann man sich „tätowieren“lassen. Videos leiten über zur nächsten Erfahrung: Wie fühlt es sich an, wenn ein Handelsschiff endlich den schützenden Hafen verlassen hat und auf der offenen See schippert? Hier gilt es, Navigationstechniken auszuprobieren.
An Simulatoren wird man zum Händler des 17. Jahrhunderts und segelt mit einem Auftragsbuch von Hafen zu Hafen, um Tee, Kaffee, Porzellan, Teppiche, aber auch Sklaven einzukaufen. Wie heutzutage in internationalen Häfen Waren standardisiert verladen und über die Weltmeere transportiert werden, veranschaulicht ein 20-Fuß-Container. Auf Großbildschirmen kann man die engeVerzahnung von Massenproduktion über Kontinente hinweg verfolgen: In einer asiatischen Schneiderei entstehen zum Beispiel Jeans für dänische Warenhäuser. Und die in einer dänischen Großbäckerei produzierten Butterkekse werden nach China verschifft.
Die Reise wurde von Visit Denmark unterstützt.