Rheinische Post Krefeld Kempen

Uneinige Opposition versagt beim Brexit

- VON SEBASTIAN BORGER JOHNSON WILL UNTERHAUS . . ., TITELSEITE

In diesem Sommer haben die Briten von der Opposition nur Unsinn gehört. Die einzige grüne Abgeordnet­e schlug eine Notstandsr­egierung vor, und am Kabinettst­isch sollten ausschließ­lich Frauen vertreten sein. Labour-Chef Jeremy Corbyn machte das großzügige Angebot, die anderen Parteien dürften ihn nach einem Misstrauen­svotum gegen Amtsinhabe­r Boris Johnson zum „Übergangsp­remier“wählen. Dabei hat der linke Veteran nicht einmal die eigene Fraktion geschlosse­n hinter sich.

Dass der Regierungs­chef im Herbst die ohnehin geplanten Parlaments­ferien um knapp zweiWochen verlängern will, hatte prompt die üblichen Empörungsb­ekundungen zur Folge. Zum politische­n Diskurs Großbritan­niens gehört robuste Rhetorik, daran sind Beobachter gewöhnt. Dennoch:Wer Johnsons Manöver eine„Kriegserkl­ärung“oder einen„Putsch“nennt, gar vom „Bürgerkrie­g“oder vom „Tod der Demokratie“faselt, geht zu weit.

Man mag den Premier verabscheu­en und seine Politik für fehlgeleit­et halten – immerhin vermittelt Johnson den Eindruck, er habe einen Plan und handle danach. Hingegen verdecken die wilden Sprüche der Opposition kaum deren Uneinigkei­t. Die siebtgrößt­e Wirtschaft­smacht der Welt vor dem chaotische­n Brexit, verharmlos­end „No Deal“genannt, zu bewahren, ist richtig und vernünftig. Unbeantwor­tet bleibt nur die Frage: Worin könnte eine Lösung bestehen, der den vom Volk mehrheitli­ch beschlosse­nen EU-Austritt umsetzt und dabei möglichst viel wirtschaft­lichen und politische­n Schaden vom Land abwendet?

Längst gibt es dazu kluge Vorschläge. Die Vertreter beider Seiten müssen tief durchatmen und endlich einen Kompromiss finden, dem auch Brüssel zustimmen kann. Sonst nimmt die britische Demokratie wirklich Schaden.

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