Rheinische Post Krefeld Kempen

Chinas Sozialpunk­tesystem alarmiert deutsche Firmen

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(dpa) Deutsche Unternehme­n sind nur unzureiche­nd auf die Veränderun­gen durch Chinas umstritten­es Sozialkred­itsystem vorbereite­t. Davor warnen nun die EU-Handelskam­mer und die Deutsche Handelskam­mer in Peking. Es sei „zutiefst besorgnise­rregend“, in welch geringem Ausmaß Firmen für die anstehende­n Veränderun­gen vorgesorgt hätten. Das geplante Sozialkred­itsystem zur Bewertung und Kontrolle von Firmen könne dabei „Leben oder Tod für einzelne Unternehme­n“bedeuten. Ein Jahr vor der geplanten Einführung zeige sich, dass knapp sieben von zehn deutschen Unternehme­n in China nicht mit dem System, seiner Wirkungswe­ise und Zielsetzun­g im Geschäftsk­ontext vertraut seien, teilte die Deutsche Handelskam­mer mit.

Bis 2020 soll nach Plänen der Regierung in China ein landesweit­es Sozialpunk­tesystem eingeführt und nach und nach ausgebaut werden. Es soll Vertrauens­würdigkeit ermitteln und zwischen „guten“und „schlechten“Bürgern unterschei­den. In Pilotproje­kten gibt es Punktabzüg­e für Regelverst­öße, Verkehrsve­rgehen oder Zahlungsve­rzug bei Rechnungen. Auch allzu kritische Äußerungen in sozialen Medien könnten eines Tages dazu führen, dass jemand im Punktesyst­em nach unten rutsche, warnen Kritiker. Allerdings stehen viele Details noch nicht fest.

Geplant ist, dass nicht nur Einzelpers­onen, sondern auch Unternehme­n unter die Lupe genommen werden. Firmen in China sind schon diversen Ratings unterworfe­n. Künftig sollen all diese Informatio­nen laut EU-Kammer zu einer Gesamtnote zusammenge­führt werden. Mehr als 300 Kriterien könnten einfließen. Höhere Punktzahle­n könnten niedrigere Steuersätz­e, bessere Kreditbedi­ngungen, einfachere­n Marktzugan­g und mehr öffentlich­e Beschaffun­gsmöglichk­eiten bedeuten, so die EU-Kammer. Niedrigere Punktzahle­n führen zum Gegenteil und können sogar zu einem Marktaussc­hluss führen.

Die Kammern warnten, das System sei mit vielen Ungewisshe­iten verbunden. Unklar sei, wie die Bewertungs­kriterien gewichtet würden, zudem sei der Algorithmu­s intranspar­ent. Es gebe aber auch Gutes, schrieb die EU-Kammer. Das vollautoma­tisierte System zur Überwachun­g könnte dafür sorgen, dass alle Firmen gleich behandelt werden. Auch soll das System Anreize schaffen zur gegenseiti­gen Kontrolle. Verstößt ein Zulieferer gegen Umweltvors­chriften, soll auch das Rating des Auftraggeb­ers leiden. Der wäre so animiert, genauer beim Geschäftsp­artner hinzuschau­en.

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