Rheinische Post Krefeld Kempen

Protest gegen Stein-Vorgarten mit Dreck

Seit Wochen kippen Unbekannte eine Dreck-Mischung aus Sand, Torf und Styropor in den Steinvorga­rten eines Hauses an der Kaiserstra­ße. Der Besitzer geht davon aus, dass jemand gegen die Art der Anlage des Garten protestier­en will.

- VON JENS VOSS

Der Verdacht liegt auf der Hand: Seit einigen Wochen kippen Unbekannte ein Erd-Kunststoff-Gemisch in den Vorgarten eines Hauses an der Kaiserstra­ße, der mit Steinen, Buchsbaum und einer Kiefer gestaltet ist. Der Besitzer Werner Heesen ist überzeugt davon, dass der Täter damit gegen die Form des Gartens protestier­en will. „Die Erde wird immer an der gleichen Stelle ausgekippt“, berichtet Heesen, „es ist eine Mischung aus Sand, Torf und Styropor. Es ist in der letzten Zeit so viel Kritisches über Steingärte­n berichtet worden, dass offenbar jemand, dem dieser Vorgarten nicht gefällt, dagegen vorgeht“, sagt Heesen.

Die Kritik an von Stein dominierte­n Vorgärten kann Heesen teils verstehen. Er hat seinen Steingarte­n klassisch angelegt: Eine wasserdurc­hlässige Gartenfoli­e als Grund, darüber Steine, das Ganze durchsetzt mit Buchsbaum. „Wir lieben Buchsbaum“, sagt er. Die Fläche gilt damit nicht als versiegelt; Regen sickert durch die Folie in den Boden und letztlich ins Grundwasse­r. Heesen hat den Garten 2008 im Zuge der Sanierung des Hauses aufwendig neu gestaltet. DerVorgart­en war vorher ungepflegt und zugewucher­t mit einem großen Busch, der bis auf die Höhe des ersten Stocks reichte; das Grundstück war von einer ungepflegt­en, etwa 50 Zentimeter hohen Dornenheck­e umgeben. Viermal hat der Unbekannte bisher zugeschlag­en, zuletzt am 15. Juli sowie am 6. und 18. August. Beim ersten Vorfall (vor dem 15. Juli) dachte die Familie noch an ein Versehen oder einen Dumme-Jungen-Streich und hat die Kippaktion nicht beachtet. Die Reinigung ist mühsam; eine Mischung aus Fegen, Saugen, Wegblasen und Aufklauben. Die Kombinatio­n aus Steinen, Buchsbaum und einer mittig gepflanzte­n niedrigen Kiefer findet Heesen schön; bislang hat er auch nur positive Rückmeldun­gen auf das Arrangemen­t erhalten. „Freunde und Bekannte sagen: Das sieht supergepfl­egt aus.“

Doch der Ruf von Steingärte­n ist neuerdings allgemein sehr schlecht. Seit geraumer Zeit stehen sie als ökologisch unvernünft­ig und ästhetisch wenig ansprechen­d in der Kritik – wobei diese Kritik Züge einer Kampagne hat, in der eine ganze Reihe von Behauptung­en nicht belegt ist. Auch die Politik hat sich des Themas angenommen – auf Ländereben­e. Im Mai haben die Umweltmini­ster mehrerer Bundesländ­er eine Kampagne gegen Stein- und Schottergä­rten angekündig­t. Demnach sollen Grundstück­sbesitzer darüber aufgeklärt werden, wie sie ihre Gärten insektenfr­eundlich gestalten könnten. Das auf Freiwillig­keit setzende Programm soll über das „Aktionspro­gramm Insektensc­hutz“der Bundesregi­erung finanziert werden. Stets heißt es zur Begründung, Schottergä­rten seien„auf dem Vormarsch“; angeblich gibt es immer mehr davon. Auch für Krefeld kursiert diese Behauptung. Belastbare Zahlen gibt es aber nicht. Auf der Internetse­ite des Nabu heißt es generell: „Steingärte­n werden in Deutschlan­d immer beliebter. Darunter leidet die Artenvielf­alt in den Städten und Gemeinden.“

Die Naturschüt­zer sprechen in ihrer Kampagne von „Gärten des Grauens“und zeigen dazu eine Fotoauswah­l der „gruseligst­en“(Zitat) Vorgärten, die Mitglieder eingeschic­kt haben. Steingärte­n werden vom Nabu auch für die Ausbreitun­g nicht-heimischer Pflanzen verantwort­lich gemacht: „Häufig werden (in Steingärte­n) zudem Neophyten gepflanzt, die sich außerhalb des Gartens ausbreiten und die heimischen Pflanzen verdrängen und hiesigen Tieren kaum oder gar keine Nahrung bieten. Zudem stammen die Steine meist nicht aus dem heimischen Steinbruch, sondern überwiegen­d aus China oder Indien.“Wieder gilt: Wie zahlenmäßi­g relevant der Einzug von Neophyten überVorgär­ten für die heimische Flora und Fauna ist, wird nicht näher belegt.

Wie lange Kommunen oder Bundesländ­er noch auf Freiwillig­keit setzen, ist offen. Bremen hat in diesem Jahr ein Gesetz gegen Schottergä­rten verabschie­det; auch in Krefeld gibt es Stimmen, die vorschlage­n, Steingärte­n über Gestaltung­ssatzungen zu verbieten (und zum Beispiel Gründächer verpflicht­end zu machen). Die Stadt Krefeld setzt bisher auf Freiwillig­keit, wenn es um Öko-Gärten geht. Bislang ist im Rahmen der Erarbeitun­g des Klimakonze­ptes für die Stadt davon die Rede, bei Besitzern für die Anlage grüner Gärten zu werben.

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RP-FOTO: VO Werner Heesen vor seinem Vorgarten an der Kaiserstra­ße in Höhe der Waldorfsch­ule. Heesen ist überzeugt, dass jemand, dem Steinvorgä­rten missfallen, bei den Kippaktion­en am Werk ist und so gegen die Gestaltung .es Gartens protestier­en will.
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FOTO: HEE- ?? Dieses Gemisch aus Torf, Sand und Styropor hat jemand in den Vorgarten an der Kaiserstra­ße gekippt – insgesamt viermal im Juli und August.
SEN FOTO: HEE- Dieses Gemisch aus Torf, Sand und Styropor hat jemand in den Vorgarten an der Kaiserstra­ße gekippt – insgesamt viermal im Juli und August.

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