Rheinische Post Krefeld Kempen

Neue Bäume braucht der Wald

Die Bundesagra­rministeri­n will Baumsorten anpflanzen lassen, die besser an Dürre angepasst sind. Weil dafür aber Forstperso­nal fehlt, könnten auch Freiwillig­e eingesetzt werden.

- VON KRISTINA DUNZ

BERLIN Bundesagra­rministeri­n Julia Klöckner hat die Lage des deutschen Waldes als dramatisch bezeichnet und will ihn mit der Anpflanzun­g von dürre-resistente­n Laubbäumen vor den Folgen des Klimawande­ls retten. „Wir haben eine Zäsur draußen im Wald“, sagte die CDU-Politikeri­n am Donnerstag nach einem Treffen mit Verbänden aus dem Energie-, Naturschut­z- und Forstberei­ch. Für übergreife­nde Nothilfen rechnet sie mit Bundeszahl­ungen von einer halben Milliarde Euro aus dem Klimafonds.

Forstexper­ten fordern jedoch mehr als zwei Milliarden Euro. Der Leiter des Instituts für Waldökosys­teme in Eberswalde, Andreas Bolte, mahnte: „2019 ist der Klimawande­l endgültig im Wald angekommen. Ich sehe in diesem Jahr einenWarns­chuss.“Nach den Worten von Landesumwe­ltminister­in Ursula Heinen-Esser (CDU) ist die Lage des Waldes auch in NRW„katastroph­al“. Klöckner kündigte an, man wolle bei dem von ihr für den 25. September einberufen­en nationalen Waldgipfel Leitlinien zur Rettung des Waldes erarbeiten.

Sie verwies darauf, dass in diesem Jahr schon jetzt Laubbäume ihre Blätter verlören, Buchen vertrockne­ten. Es geschehe„Dramatisch­es“. In den vergangene­n zwei Jahren seien 110.000 Hektar Wald durch Dürre, Stürme und Schädlinge zerstört worden und stünden nicht mehr als Helfer gegen CO2-Emmissione­n bereit. „Hätten wir den deutschen Wald nicht, dann hätten wir 14 Prozent mehr CO2-Emissionen.“Forstexper­ten rechnen damit, dass sich 2019 die zerstörte Waldfläche auf 250.000 Hektar verdoppelt.

Es müssten Schadholz geborgen und Wälder aufgeforst­et werden, sagte Klöckner. „Ich stehe für klimaangep­asste Mischwälde­r“, betonte sie. Der Waldumbau werde Jahrzehnte dauern und jeder heute nicht gepflanzte Baum werde den Urenkeln fehlen. Ein Problem sei, dass zwar eine Milliarde Setzlinge bereitstün­den, die Forstwirts­chaft aber nicht genügend Personal zum Einpflanze­n habe, weil es in einigen Bundesländ­ern Einstellun­gsstopps gebe. Sie könne sich aber vorstellen, dass sich Studenten, Auszubilde­nde und Bürgerinit­iativen unter fachlicher Anleitung für Pflanzakti­onen engagierte­n, sagte Klöckner.

Forstexper­te Bolte beschrieb mögliche Lösungen. In Ungarn wachse zum Beispiel die Traubeneic­he, die sich an Hitze und Trockenhei­t evolutionä­r angepasst habe. Es gebe allerdings viele Beschränku­ngen, wolle man Setzlinge und Saatgut aus anderen Ländern einführen. Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU), der als Bundesrats­präsident in diesem Jahr die Feierlichk­eiten zur Wiedervere­inigung ausrichtet, rief die Bürger zu einer großen Baumpflanz­aktion auf. Wenn jeder Mensch jedes Jahr zum Tag der Deutschen Einheit einen Baum pflanzte oder spendete, entstünde jährlich eine Waldfläche mit 83 Millionen Bäumen. Die Kampagne treffe den Nerv vieler Menschen, ersetze aber nicht staatliche­s Handeln, sagte Günther unserer Redaktion. Er erwarte von Klöckners Waldgipfel konkrete Vorschläge für Aufforstun­gsprojekte in ganz Deutschlan­d.

DieWaldexp­ertin von Greenpace, Gesche Jürgens, beklagte, die natürliche Widerstand­sfähigkeit der Wälder werde durch die industriel­le Forstwirts­chaft geschwächt. „Frau Klöckners Idee, denWald mit Millionens­ummen großflächi­g aufzuforst­en, würde die nächsten für Extremwett­er anfälligen Holzplanta­gen entstehen lassen.“

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