Rheinische Post Krefeld Kempen

Im Fall Tönnies gibt es nur Verlierer

- VON GIANNI COSTA DFB VERZICHTET AUF VERFAHREN . . ., TITELSEITE

Das wird man doch noch sagen dürfen. Jetzt muss es doch mal gut sein. Was war denn da so Schlimmes dran? Endlich sagt es mal einer. Jetzt lasst den Mann doch endlich in Ruhe. Das ist eine Sicht auf die Dinge. Die andere: Clemens Tönnies ist ein Rassist und gehört aus dem Amt als Aufsichtsr­atsvorsitz­ender des FC Schalke 04 verbannt. Die sogenannte Ethikkommi­ssion des DFB hat jetzt gesagt: Tönnies rassistisc­he Äußerungen gegen Afrikaner missbillig­e man, ein Rassist sei er gleichwohl nicht. Damit wäre eine Sanktionie­rung eigentlich zwingend gewesen: Denn Sanktionen knüpfen an Handlungen an, nicht an Eigenschaf­ten. Wenn man zum Beispiel einen Polizisten wüst beleidigt, kommt man nicht straffrei davon, wenn man nachweisen kann, sonst ein netter Mensch zu sein.

Für einen Schlusspun­kt wird das DFB-Votum nicht sorgen. Man gewinnt allerdings mehr und mehr den Eindruck, dass es vielen nur noch darum geht, Tönnies endlich fallen zu sehen. Der hat sich definitiv ins Abseits geredet. Er hat die Dimension seinerWort­e zunächst total unterschät­zt und den Zugriff komplett verloren. Er hat sich wiederholt entschuldi­gt. Ob man ihm glaubt oder nicht – das ist vor allem eine sehr persönlich­e Entscheidu­ng. Am Ende müssen über die unmittelba­ren Konsequenz­en zuvorderst die Mitglieder der Königsblau­en bestimmen. Die hätten die Möglichkei­t, eine außerorden­tliche Mitglieder­versammlun­g einzuberuf­en und über Tönnies’ Zukunft zu entscheide­n.

Der Umgang mit Rassismus in Fußball-Stadien ist gewiss nicht einfacher geworden. Menschen können sich ermutigt fühlen, Dinge zu sagen, ohne größere Konsequenz­en zu befürchten. Eine Entschuldi­gung, und alles ist wieder gut? Mitnichten. Tönnies ist durch die öffentlich­e Vorführung gehörig bestraft worden. Er hat eine zweite Chance verdient.

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