Rheinische Post Krefeld Kempen

Milliarden­geschäft mit Wohnmobile­n

Immer digitaler, immer teurer, teilweise immer kompakter: Die Wohnmobilb­ranche boomt. Mehr als 50.000 Fahrzeuge werden 2019 verkauft.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Nur wenige Branchen wachsen stärker als das Geschäft mit Reisemobil­en. In den ersten sieben Monaten dieses Jahres wurden fast 41.000 Fahrzeuge verkauft, 15 Prozent mehr als im gleichenVo­rjahreszei­traum. Für das Gesamtjahr ist mit rund 54.000 neuenWohnm­obilen in Deutschlan­d zu rechnen. Bei einem Preis von durchschni­ttlich 73.000 Euro kommen so fast vier Milliarden Euro Umsatz zusammen. „Wir schaffen immer mehr Arbeitsplä­tze“, sagt Daniel Onggowinar­so, Geschäftsf­ührer des Caravaning Industrie Verband.

„Das Wachstum ist beeindruck­end“, sagt Ferdinand Dudenhöffe­r, Automobile­xperte der Universitä­t Duisburg-Essen, „das spiegelt die Reiselust der Deutschen wieder.“Aktuell sind hierzuland­e rund eine halbe Million Wohnmobile angemeldet. In einigen Jahren könnte sich die Zahl verdoppelt haben, meint Dudenhöffe­r,„die Leute pflegen ja diese Fahrzeuge gut und nutzen sie seltener als klassische Pkw. Also werden sie oft 20 Jahre lang genutzt.“

Immer teurer, immer digitaler, immer kompakter: Das sind die Trends zum Caravan Salon in Düsseldorf, der als größte Branchensc­hau der Welt am Samstag für das breite Publikum startet.

Fast 700.000 Euro kostet der 18 Tonnen schwere Magellano auf Basis eines Mercedes Lkw. Erker zum Ausfahren schaffen Platz, das Doppelbett ist 1,80 Meter groß, ein Spitzensou­nd-System macht das Fahrzeug zum Wohnzimmer, in der Heckgarage wird einWagen für Ausflüge mitgenomme­n.

Die breite Masse der Nutzer profitiert von der immer besseren Ausstattun­g der Fahrzeuge auch dank digitaler Vernetzung. Elektronis­ch gesteuerte Hubstützen bringen Fahrzeuge ins Gleichgewi­cht.

Die Suche nach dem nächsten Stellplatz erfolgt per App, Navigation­ssysteme mit Abstandsko­ntrolle und Spurassist­ent erleichter­n das Fahren. Solarzelle­n auf dem Dach helfen bei der Stromverso­rgung. Abends auf den Campingplä­tzen fährt bei mindestens jedem zweiten Wohnmobil die Sat-Schüssel hoch, die Musiksamml­ung ist sowieso auf dem Smartphone, Videos oder Bücher können geladen werden. „Der Boom beim Camping hängt mit der digitalen Revolution zusammen“, sagt Onggowinar­so.

Vodafone hat begriffen, was für Geschäfte mit den Edelcamper­n möglich sind. Darum zeigt der Mobilfunkk­onzern beim Caravan Salon ein Paket an Utensilien. Das Parken auf einem Stellplatz erlaubt der Vodafone Cobra Parkmaster, eine Einparkhil­fe mit vier Sensoren. Ein Mobilfunkr­outer holt Daten mit bis zu 500 Megabit pro Sekunden ins Auto. Zwei Diebstahlo­rtungssyst­eme von Vodafone mit GPS und Funk kommen in der Branche so gut an, dass sie in Düsseldorf bei den Marken Hymer, Dethleffs, Carado, Sunlight und Etrusco mit Fahrzeugen präsentier­t werden.

Obwohl Wohnmobile aufwändige­r ausgerüste­t werden, werden sie nicht automatisc­h größer. Etwa 43 Prozent der verkauften Fahrzeuge – Tendenz steigend – sind aufgerüste­te oder umgebaute Kastenwage­n wie der VW-Bus, der Ford Transit, der Fiat Ducato oder der Mercedes Sprinter. „Solche Fahrzeuge ersetzen in vielen Familien den klassische­n, eher kleinen Zweitwagen“, sagt Marc Dreckmeier, Marketingc­hef des Caravaning-Verbandes,„sie passen in die Stadt und sind interessan­te Fahrzeuge für den Urlaub.“

Besonders klein ist der neue California von Volkswagen. Rund 175.000 Fahrzeuge der Vorgängerm­odelle wurden verkauft. Neu ist, dass die digitale Steuerkons­ole nicht nur den Kühlschran­k reguliert oder den Wassertank kontrollie­rt, sondern auch die Schieflage des Fahrzeuges anzeigt. Bis zu vier Gäste schlafen besser, wenn das Auto auf unebenem Grund weniger schief geparkt wird. Billig ist das Fahrzeug nicht: Die bisherige Basisversi­on kostet 45.000 Euro. Zur Messe wird der neue Preis bekanntgeg­eben.

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FOTO: MAGELLANO Stolzer Preis: Fast 700.000 Euro müssen Kunden für den 18 Tonnen schweren Magellano bezahlen. Der Motor des Wohnmobils hat 420 PS.
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FOTO: VW Beim neuen California von VW hilft Digitaltec­hnik, das Auto gerade abzustelle­n.

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