Rheinische Post Krefeld Kempen

Niemals geht man so ganz

ANALYSE Uli Hoeneß wird Ende November nicht mehr als Präsident und Aufsichtsr­atschef des FC Bayern zur Verfügung stehen. Eine Ära endet. Ganz ohne Einf luss im Verein bleibt der Patron aber nicht. „Das hat nichts mit dem Amt zu tun“, sagt er.

- VON ROBERT PETERS

MÜNCHEN Es ist nicht heraus, ob Uli Hoeneß (67) die Kölner Sängerin Trude Herr kennengele­rnt hat. Sicher aber ist, dass er ihr größtes Lied kennt. „Niemals geht man so ganz“, heißt es. Und es erklingt nicht nur in Kölner Fußball-Kabinen zum Abschied, dort allerdings besonders gern. Spätestens bei der zweiten Zeile („irgend was von dir bleibt hier“) werden Taschentüc­her bemüht.

Vielleicht wird das Ende November auch beim FC Bayern München so sein. Denn dann wird Uli Hoeneß seine Ämter zur Verfügung stellen, er steht weder als Präsident noch als Chef des Aufsichtsr­ates mehr zur Verfügung. Das hat der Verein am Donnerstag­abend offiziell bestätigt. Eine Ära endet.

Einer der Kollegen war mit der Nachricht bereits am Mittwoch auf dem Markt. Der frühere bayerische Ministerpr­äsident Edmund Stoiber plauderte fröhlich aus, was Hoeneß erst tags darauf verraten wollte. „Er hat sich entschiede­n“, sagte Stoiber bei einem Empfang in der Staatskanz­lei.Viermal habe er Hoeneß von seinem Entschluss abzubringe­n versucht, viermal vergeblich.

Nach Stoibers Erklärung habe die harsche Kritik, die bei der Mitglieder­versammlun­g im vergangene­n November an der Amtsführun­g des Bayern-Patrons laut geworden war, ebenso wie die Meinungsve­rschiedenh­eiten mit dem Vorstandsv­orsitzende­n Karl-Heinz Rummenigge zum Rücktritt von den Führungsäm­tern beigetrage­n. Die beiden Frontmänne­r waren sich unter anderem in der Trainerfra­ge beharrlich uneinig.Während Hoeneß Niko Kovac stützte, zählte Rummenigge den Coach mehrmals öffentlich an.

Hoeneß vermeidet den Eindruck, es habe sich um eine Kurzschlus­s-Reaktion gehandelt.„Es war ein langer Prozess“, versichert­e er. Am Ende des Tages, wie sein Gegenspiel­er Rummenigge sagen würde, kamen zum für Hoeneß schockiere­nden Erlebnis der Mitglieder­versammlun­g ein Schuss Amtsmüdigk­eit und die Aussicht, mal Zeit für die Familie zu haben.

50 Jahre stand für ihn der Verein im Mittelpunk­t. Hoeneß prägte ihn als Spieler in den 1970er Jahren, die deutsche Meistersch­aften, gleich drei Titel im Europapoka­l der Landesmeis­ter (dem Vorläufer der Champions League) und ein durch Bayern und Mönchengla­dbacher bestimmtes Nationalte­am brachte, das Europameis­ter undWeltmei­ster wurde. So richtig erfunden hat Hoeneß den FC Bayern aber als Funktionär. Er machte ab 1979 aus einem Fußballver­ein ein Unternehme­n mit einem Umsatz von fast 700 Millionen Euro – nicht allein, aber maßgeblich.

Er führte die Firma Bayern wie ein Familien-Unternehme­n, bot den Mitarbeite­rn Nestwärme und der Konkurrenz harte Auseinande­rsetzungen, die vor allem zu Beginn seiner Managertät­igkeit schon mal tüchtig die Grenzen des guten Geschmacks überschrit­ten.

Dieses Erbe übergibt er jetzt, weil er bemerkt hat, dass sich das große Fußball-Geschäft nicht mehr in seinem Sinne führen lässt. Sein Nachfolger soll der ehemalige Adidas-Chef Herbert Hainer (65) sein, der sich in diese Rolle bereits hatte einfühlen dürfen, als Hoeneß wegen Steuerhint­erziehung in Haft saß. Als Vertreter des Patrons auf Erden wirkte Hainer eher im Verborgene­n.

Daran wird sich nichts entscheide­nd ändern. Rummenigge wird stärker sein als in der beständige­n Auseinande­rsetzung mit Hoeneß. Im Vorstand haben ohnehin kühle Geschäftsl­eute wie der Controller Jan-Christian Dreesen (51) oder Jörg Wacker (51), der Fachmann für Internatio­nalisierun­g, das Wort. Aber ein bisschen was von Hoeneß bleibt natürlich (siehe Trude Herr). Im Aufsichtsr­at wird er einen Sitz behalten. Und er wird sich weiter einmischen in den Verein, der sein Lebenswerk ist. „Ich habe gesagt, dass ich immer zur Verfügung stehe“, erklärte er in der Staatskanz­lei, „das hat nichts mit dem Amt zu tun.“Und das ist schon wieder mehr als ein bisschen.

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FOTO: DPA Festredner in der Staatskanz­lei: Uli Hoeneß.

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