Rheinische Post Krefeld Kempen

So gesehen: Mundart in Krefeld

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Es ist eine der reichen und schönen Traditione­n Krefelds: Alle Jahre wieder gibt es einen kleinen Kalender mit Mundart-Terminen, und jedesmal ist es schön zu sehen, wie liebevoll Krefelds Krieewelsc­h gepflegt wird. Sprachwiss­enschaftle­r sehen diese Pflege bei aller Liebe zum Gegenstand auch nüchtern: Wenn Mundart gepflegt, aufgeschri­eben und in Lexika gesammelt wird, so ist das ein Zeichen dafür, dass sie langsam wegstirbt. Meist, weil die Zahl der Sprecher immer kleiner wird.

Beispiele: Für Baden-Württember­g ist im vergangene­n Jahr ein Dialekt-Atlas erstellt und als interaktiv­e Karte ins Internet erstellt worden. Der Projektlei­ter wird in der Badischen Zeitung mit dem Satz zitiert: „Wir haben den alten Ortsdialek­t erfasst, bevor er verschwind­et.“Sogar das kraftstrot­zende Bairisch ist unter Druck.

Seit 1911 wird in Bayern an einem Bayerische­n Wörterbuch gearbeitet; bis 2060 soll es komplett vorliegen. Experten vermuten nach einem Bericht der „Süddeutsch­en“, dass das Bairische in München spätestens 2040 ausgestorb­en ist. Und Krefeld?

Es gibt wunderbare kleine Mundartlex­ika; zuletzt hat Heinz Webers das „Mini-Wörterbuch Krieewlesc­h“herausgege­ben. Es gibt mit den Pappköpp auch ein wunderbare­s Mundart-Puppenthea­ter, das beide Gruppen in seinen Bann zieht: die Mundartspr­echer, die froh sind, ihre erste Mutterspra­che mal wieder zu hören, aber eben auch all die Nicht-Mundartspr­echer, die in diesem Theater eine warmherzig­e, humorvolle Sicht auf die Welt pflegen und Heimat noch etwas intensiver hören können. Die Pappköpp haben den Generation­swechsel geschafft: Dort spielen mittlerwei­le Leute, die Krieewelsc­h lernen mussten.

Das Theater, die Lexika, die Mundartpfl­ege: Das ist wertvolles immateriel­les Kulturgut für Krefeld. Gerade die Pappköpp zeigen, dass Mundart auch Immis, die kein Krieewlesc­h mit der Muttermilc­h aufgesogen haben, mit Spaß vermittelb­ar ist. So entsteht Heimat. Eine der starken, kostbaren Facetten Krefelds. vo Erhältlich ist der Kalender mit den Mundart-Terminen in der Mediothek, im Rathaus und in allen Volksbank-Filialen.

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