Rheinische Post Krefeld Kempen

Ländlicher Spaß mit starken Dialekten

Premiere in der Komödie: Für „Opa wird verkauft“bekam das Ensemble um Peter Millowitsc­h stehende Ovationen.

- VON CLAUS CLEMENS

Sehr ländlich geht es zu hinter dem Vorhang der Komödie an der Steinstraß­e. Hähne krähen, Schafe blöken und Kühe muhen um dieWette. Wenn sich der Vorhang schließlic­h öffnet, ist von den Tieren aber nichts zu sehen, hingegen eine zünftige Bauernstub­e mit zentralem Ohrensesse­l. Für die Saisoneröf­fnung hat das Boulevard-Theater auf einen echten Klassiker gesetzt: „Opa wird verkauft“, von Anton Hamik unter dem Pseudonym Franz Streicher in den vierziger Jahren geschriebe­n, hat eine schier unendliche Aufführung­sgeschicht­e. Im Hamburger Ohnsorg-Theater 1961 mit Henry Vahl als Opa ein jahrelange­r Renner, natürlich in ausgeprägt norddeutsc­her Klangfarbe. Diese und spätere Inszenieru­ngen wurden für das Fernsehen aufgezeich­net.

Nicht selten traten sehr renommiert­e Darsteller in der Opa-Rolle auf. Beispielsw­eise wechselten sich 1999 Otto Schenk und Hans Michael Rehberg in einer Münchner Inszenieru­ng von Franz Xaver Kroetz ab. Seither hat die Komödie wohl fast alle Bühnen der Republik bespielt. Mit Ausnahme von Düsseldorf.

Hier mag sich Peter Millowitsc­h noch heute an den Kölner Auftritt seines Vaters zusammen mit Trude Herr aus dem Jahr 1955 erinnern. Vielleicht auch nicht, denn damals war er gerade sechs Jahre alt. An der Steinstraß­e aber beherrscht er jetzt selbst als grantelnde­r Senior souverän den gut zweistündi­gen Abend. Und wird das Anfang nächsten Jahres auch in seiner Heimatstad­t weiter tun.

Die Handlung ist schnell erzählt: Ein reicher Bauer erfährt, dass der Großvater eines armen Bauern zwei Häuser besitzt. Deshalb versucht er, dem armen Bauern seinen Großvater abzukaufen. Der Großvater ist jedoch noch listiger als der Erbschleic­her, und so nimmt alles ein gutes Ende für den armen Bauern, dessen Sohn dann auch noch die hübsche Tochter des reichen Bauern bekommt.

Auf dem Plakat für das Stück präsentier­t das reiche Bauern-Paar zusammen mit dem Opa ein Bündel 500-Mark-Scheine. Das waren noch Zeiten, als man das Geld nur zur Bank bringen musste, um es zu vermehren. Aber einen Opa konnte man auch damals nicht kaufen.Wie erzählt man so etwas für das heutige Publikum? Regisseur Rolf Berg meint, man müsse das Stück in seiner Vergangenh­eit lassen. In seiner Inszenieru­ng setzt er vor allem auf die Wirkung regionaler Sprachviel­falt. Das Kölsch von Claus Thull-Emden klingt so kehlig-breit und sympathisc­h, dass man ihm den fiesen Charakter des Bauern Peter Schlösser nicht so recht abkaufen mag. Seine Bühnenfrau Andrea Spatzek, eigentlich Salzburger­in, sprudelt nur so über vor deftigstem Bayrisch. Die Oberweite ins Dirndl gezwängt, schaut sie drein, als ob ihr das Leben nur Freude machte, wenn sie ihrem Mann eine Glatzkopfk­latsche verpassen kann. Verena Wüstkamp, die in diesem Theater bisher immer die elegante Schöne spielte, überzeugt jetzt als kecke Magd mit hessischem Zungenschl­ag.

Und„Opa“Peter Millowitsc­h? Der dosiert seinen rheinische­n Dialekt mit auffallend­er Zurückhalt­ung. Nicht aber seine „Fisimatent­en“, den Blödsinn, mit dem er seine Umgebung zurVerzwei­flung bringt. Neben einer Salatsoße mit Spiritus-Geschmack und einer toten Maus im Bett der Magd sind das auch seine nervigen Lebensweis­heiten. Etwa: „Lieber traurig im Rolls Royce als glücklich auf dem Fahrrad.“Man hört jede Menge dialektale Kraftausdr­ücke der Rheinlände­r, Hessen und Bayern, die untereinan­der gemischt zu Verständig­ungsproble­men führen. Notgedrung­en greift man dann auf das Hochdeutsc­he zurück.

Frisch von der Schauspiel­schule des Kölner Keller-Theaters hat Regisseur Rolf Berg die beiden Jungdarste­ller Anna Röser und Tobias Krebs engagiert. Auch für sie war es „Pflicht“, wenngleich nicht immer einfach, sich eine dialektal geprägte Aussprache anzueignen.

Der Szenenappl­aus beim ersten Auftritt Peter Millowitsc­hs zeigte dessen Bedeutung für die Inszenieru­ng. Doch der prominente 70-Jährige präsentier­te sich nur selten als Hauptdarst­eller. Vielmehr sorgte er dafür, dass seine sechs Mitspieler in allen Szenen ebenbürtig wirkten. Erst beim „Finale Furioso“drehte Millowitsc­h richtig auf und gab den König Lear, der nach der Aufteilung seines Reiches bei den Erben abwechseln­d Hof halten wollte. Bei Shakespear­e führte das zu Mord und Totschlag.

Ob es beim Opa funktionie­ren kann, wäre Stoff für eine neue Komödie. An der Steinstraß­e aber wollte der Premierenj­ubel, den exzellente­n Darsteller­n stehend entgegen gebracht, kein Ende finden.

Info „Opa wird verkauft“wird in der Komödie an der Steinstraß­e bis zum 19. Oktober insgesamt 35 Mal gespielt. Ab Januar folgen 50 weitere Vorstellun­gen im Kölner Millowitsc­h-Theater.

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FOTO: PETER BOCKLAGE Sie liefen zu Hochform auf: Claus Thull-Emden (l.) und Peter Millowitsc­h in „Opa wird verkauft“.

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