Rheinische Post Krefeld Kempen

Cum-ex-Skandal erstmals vor Gericht

Am Mittwoch beginnt in Bonn der Prozess gegen zwei Briten.

-

BERLIN (dpa) Im Fall der hoch umstritten­en Cum-ex-Aktiengesc­häfte sind noch viele Anträge auf Steuererst­attung in Millionenh­öhe offen. Aufgrund anhaltende­r Ermittlung­en hat das Bundeszent­ralamt für Steuern über 135 Anträge in Höhe von insgesamt 623 Millionen Euro noch nicht entschiede­n, wie aus der Antwort des Bundesfina­nzminister­iums auf eine Kleine Anfrage der Grünen hervorgeht. Es handele sich um in Prüfung befindlich­e und noch nicht ausgezahlt­e Anträge auf Erstattung von Kapitalert­ragsteuer, teilte das Ministeriu­m mit. „Diese Anträge wurden nicht positiv beschieden, eine Verjährung droht folglich nicht.“Die Anträge reichen bis 2006 zurück. Die weitaus meisten stammen aus dem Jahr 2011, kurz bevor das Steuerschl­upfloch geschlosse­n wurde. Auf sie entfallen laut Ministeriu­m rund 585 Millionen Euro.

Bei Cum-ex-Aktiengesc­häften nutzten Investoren eine Lücke im Gesetz. Rund um den Dividenden­stichtag wurden Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) Ausschüttu­ngsanspruc­h zwischen mehreren Beteiligte­n hin- und hergeschob­en. Am Ende war dem Fiskus nicht mehr klar, wem die Papiere gehörten. Die Folge: Finanzämte­r erstattete­n Kapitalert­ragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Der Schaden soll in die Milliarden gehen.

Ein erster Gerichtspr­ozess um solche Aktiendeal­s beginnt am Mittwoch vor dem Bonner Landgerich­t. Angeklagt sind zwei Briten. Die Staatsanwa­ltschaft hat sie der besonders schweren Steuerhint­erziehung angeklagt und wirft ihnen vor, einen Schaden von mehr als 440 Millionen Euro verursacht zu haben.

Die Grünen werfen der Finanzaufs­icht Bafin vor, Cum-ex-Ermittlung­en nicht entschloss­en vorangetri­eben zu haben. Die dem Finanzmini­sterium unterstell­te Behörde habe seit 2007 von den Geschäften gewusst, sagte die finanzpoli­tische Sprecherin der Grünen, Lisa Paus. Die Bafin sei verpflicht­et, das Bundeszent­ralamt für Steuern (BZSt) über eine mögliche Steuerhint­erziehung zu informiere­n. Paus: „Trotzdem hat sie es nicht getan.“Erst zehn Jahre später habe sie die erste Anzeige erstattet.

Die Bafin teilte mit, sie habe „die weitaus größere Zahl derVerdach­tsfälle – zumeist in Absprache mit dem BZSt – unmittelba­r den zuständige­n Finanzbehö­rden der Länder und den zuständige­n Staatsanwa­ltschaften mitgeteilt“. So habe die Behörde der Steuerfahn­dung in NRW„alle bis Juli 2016 relevanten Fälle übermittel­t, in denen ein Bezug zu möglichen Cum-Ex Sachverhal­ten festgestel­lt werden konnte“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany