Rheinische Post Krefeld Kempen

Ringen um Zukunft des Badezentru­ms

Die Kosten für Sanierung oder Neubau des Bockumer Bades liegen bei bis zu 60 Millionen Euro. „Nach einem ersten Blick in die Unterlagen steht dort nichts über mögliche Fördermögl­ichkeiten“, so CDU-Ratsherr Jürgen Wettingfel­d.

- VON JOACHIM NIESSEN

Krefelds Politiker spitzen derzeit den Rechenstif­t: Die Zukunft des Badezentru­ms Bockum wird die Stadtkasse massiv belasten. Laut einer rund 145-seitigen Machbarkei­tsstudie der Deutschen Gesellscha­ft für das Badewesen liegen die Kosten sowohl für die Sanierung des Schwimmbad­s als auch für mögliche Neubauten deutlich im zweistelli­gen Millionenb­ereich. „Nach einem ersten Blick in die Unterlagen steht dort nichts über mögliche Fördermögl­ichkeiten“, so Jürgen Wettingfel­d, stellvertr­etender Vorsitzend­er der CDU-Fraktion. Die Kosten eines neuen Frei- und Hallenbadk­omplex werden auf 60,9 Millionen Euro beziffert.

Das mehr als 50 Jahre alte Hallenbad Bockum ist – nach erneutem Legionelle­nbefall in den Frischwass­erleitunge­n – erst in der letzten August-Woche wieder geöffnet worden. Regelmäßig gab es in der Vergangenh­eit in dem kilometerl­angen Netz Probleme. Die Verwaltung ließ in jüngster Zeit Leitungen reduzieren und isolieren. Aktueller Zwischenbe­richt: Im Moment sind die Werte wieder unter den kritischen Grenzen. Nach der Wiederaufn­ahme des Freibadbet­riebs im Badezentru­m am 7. August wurde jetzt auch das Hallenbad wieder geöffnet.

Das Bad hatte am 1. Juli seinen Betrieb – zum wiederholt­en Mal – einstellen müssen, da Legionelle­nwerte im Trinkwasse­rsystem nicht flächendec­kend den vorgeschri­ebenen Richtwerte­n entsprache­n. Die aktuell durchgefüh­rten Wasserprob­en bestätigte­n nun aber, dass alle Anforderun­gen für einen sicheren Badebetrie­b wieder vollständi­g erfüllt sind. Trotzdem ist es für die Verwaltung ein Wettlauf gegen die Zeit. Die technische­n Probleme liegen vor allem im Alter der Anlage begründet. Bereits vor rund 15 Jahren hat sich die Frage „Sanierung oder Neubau“des Bades gestellt. Damals haben sich auch die Bürger für eine Sanierung entschiede­n. „Diese hat nicht ausgereich­t“, so Jürgen Hengst, stellvertr­etender Fraktionsv­orsitzende­r der SPD und planungspo­litischer Sprecher seiner Partei.

Für Hengst und Wettingfel­d stehen zuallerers­t die Belange der Vereine und des Schwimmspo­rts im Vordergrun­d. „Neben planerisch­en Überlegung­en muss vor allem geklärt sein, dass die Schwimminf­rastruktur erhalten bleibt“, so der CDU-Politiker. Und SPD-Ratskolleg­e Hengst ergänzt:„Wichtig ist, dass wir auch in der Übergangsp­hase mit den Vereinen offen reden und klare Perspektiv­en aufzeichne­n können. Nur dann werden sie auch Einschränk­ungen hinnehmen, vielleicht manchmal etwas zähneknirs­chend.“

Die Gutachter weisen neben allen baulichen Problemen gleichzeit­ig auch auf eine weitere Besonderhe­it des Bades hin: „Der Tatsache, dass das Hallenbad des Badezentru­ms Krefeld-Bockum seit dem 10.2.2000 in die Denkmallis­te der Stadt Krefeld eingetrage­n ist, ist vor einem konkreten Maßnahmenb­eginn unbedingt Rechnung zu tragen.“Auch CDU-Experte Wettingfel­d weiß um dieses Thema: „Damit wäre ein möglicher Abriss gar nicht so einfach umzusetzen. So oder so müssen grundlegen­de Fragen gestellt und erst einmal beantworte­t werden. Wir stehen hier noch ganz am Anfang.“

Fakt ist, dass in Krefeld durch die jüngste Ratsentsch­eidung zum Klimaschut­z, energetisc­he Gesichtspu­nkte in den Mittelpunk­t der Diskussion­en rücken. „Die meisten Bauteile der Fassade stammen aus der Erbauungsz­eit. Sie zeigen dementspre­chende Alterungss­puren“, lautet hierzu ein Ergebnis der Gutachter. Und: „Die massiven Fassadente­ile (...) sind aus Beton errichtet. Die Flächen wurden zum Teil mit Farbe beschichte­t oder mit Fliesen belegt. Die Wandfläche­n sind außenseiti­g nicht gedämmt. Ob eine Kerndämmun­g vorhanden ist, ist anhand der Sichtprüfu­ng und der Planunterl­agen nicht festzustel­len.“Zusätzlich scheinen die massiven Bauteile keine thermische Trennung zu besitzen. Die Fachleute gehen in diesen Bereichen von erhöhten Wärmeverlu­sten aus, da die Konstrukti­on nicht wärmebrück­enfrei sei. „Natürlich sind neben wirtschaft­lichen auch energetisc­he Gesichtspu­nkte zu betrachten“, räumt Ratsherr Hengst auf Anfrage unserer Redaktion ein. So soll jede Entscheidu­ng der Stadt auf ihre Klimafreun­dlichkeit abgeklopft werden.

Diese Ratsentsch­eidung könnte einer auf den ersten Blick günstigere­n Sanierung in Bockum bereits imVorfeld den Garaus machen. Diese wird mit 32 Millionen Euro beziffert. Allerdings: Die Kosten würden den Restwert des Schwimmbad­s als Immobilie von 19,5 Millionen Euro deutlich übersteige­n. „In den vorgenannt­en Grobkosten zur Variante Sanierung des Hallenbade­s, wurden keine Kosten eingerechn­et für den dabei erforderli­ch werdenden Not,- bzw. Basisbetri­eb ,Schulund Vereinsspo­rt’. Bedingt durch den dann unumgängli­chen Komplettau­sfall der Wasserfläc­he, für die Sanierungs­zeit, würden Ersatzmaßn­ahmen anfallen“, erklärt die Verwaltung. Sie schätzt die Kosten hierfür auf weitere rund zwei Millionen Euro für die Dauer einer reinen Bauzeit von etwa zwei Jahren. Als dritte Variante wäre ein neues Hallenbad mit saniertem Freibad möglich. Hierfür geht die Verwaltung von „Grobkosten“in Höhe von 53, 4 Millionen Euro aus.

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RP-ARCHIVFOTO: TL Am mehr als 50 Jahre alten Badezentru­m Bockum nagt der Zahn der Zeit: Die Politik muss zwischen Neubau oder Sanierung entscheide­n.

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