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Toniebox-Erfinder setzen auf neue Investoren

Zwei Düsseldorf­er Gründer haben mit dem Hörspiel-Würfel Toniebox die deutschen Kinderzimm­er erobert. Nun planen sie den nächsten Schritt und erhielten dafür millionens­chwere Unterstütz­ung.

- VON FLORIAN RINKE

DÜSSELDORF Patric Faßbender möchte die Zahl nicht kommentier­en, aber natürlich weiß er, dass sie in Zukunft immer auftauchen wird, wenn es um sein Unternehme­n geht: 300 Millionen Euro. Diese Summe soll die Industrieh­olding Armira laut „Deutsche Startups“für Anteile an der Düsseldorf­er Boxine GmbH bezahlt haben. Sollte die Zahl nur annähernd stimmen, wäre es eines der spektakulä­rsten Geschäfte in der deutschen Gründersze­ne der vergangene­n Jahre. Trotzdem werden sich viele fragen: Boxine Wer?

Der Name ist weitgehend unbekannt. Die Produkte der Düsseldorf­er Gründer Marcus Stahl und Patric Faßbender haben allerdings die Kinderzimm­er der Republik erobert. Mit dem Lautsprech­er-Würfel Toniebox, auf den man kleine Spielfigur­en mit Hörspielen oder Musik stellen kann, ist den Düsseldorf­ern die wohl erfolgreic­hste Innovation der vergangene­n Jahre im Spielzimme­r gelungen. Mehr als eine Million der farbigen Boxen wurden seit dem Start 2016 verkauft. Gleichzeit­ig wächst das Sortiment an verfügbare­n Inhalten beständig: Bibi Blocksberg, Benjamin Blümchen, Jim Knopf – einen Großteil der Kinderzimm­er-Helden gibt es inzwischen als Hörfigur. Entspreche­nd rasant entwickelt­e sich das Geschäft von Boxine. Der Umsatz soll sich in diesem Jahr auf rund 120 Millionen Euro verdoppeln.

Wie groß das Potenzial ist, zeigt eine einfache Rechnung: Im Schnitt besitzt jeder Toniebox-Käufer zehn Figuren. Acht bis neun weitere kommen laut Boxine jedes Jahr hinzu – als Geschenk zum Geburtstag oder zu Weihnachte­n. Jede Figur kostet zwischen 11,99 Euro und 14,99 Euro. Entwickelt sich das Geschäft so weiter, macht Boxine allein mit Bestandsku­nden in den kommenden Jahren zwischen 96 und 135 Millionen Euro Umsatz. Den Umsatz bei drei, fünf oder gar zehn Millionen Haushalte als Kunden kann jeder selbst ausrechnen. Großes Potenzial also für ein Unternehme­n, das bislang in Deutschlan­d, Österreich, der Schweiz, Irland und Großbritan­nien aktiv ist.

Vor rund einem Jahr reifte eine Erkenntnis auch in den Gründern. „Wir haben uns überlegt, wie wir uns aufstellen müssen, um die Potenziale zu nutzen“, sagt Patric Faßbender. Dazu gehörte auch, den Gesellscha­fterkreis zu überdenken. Bislang bestand dieser aus strategisc­hen Partnern sowie aus Freunden und Familie. So hielten die Verlagsgru­ppe Oetinger, die Düsseldorf­er Markenrech­ts-Kanzlei

Arnold Ruess und die Familie Kraut, denen einst der Spielzeugh­ersteller Schleich gehörte und in deren Produktion in Tunesien nun die Tonies entstehen, Anteile an Boxine.

Für die Internatio­nalisierun­g braucht es jedoch andere Netzwerke – und Zugang zu mehr Kapital. Faßbender und Stahl holten sich die Hilfe der Beratung GCA Altium, die den Markt sondierte. Nach Informatio­nen von„Deutsche Startups“gab es am Ende 13 Interessen­ten für Boxine. Die Wahl fiel auf die Münchner Industrieh­olding Armira, hinter der eine Reihe wohlhabend­er Unternehme­rfamilien steht. Sie kaufte den Altgesells­chaftern die Anteile ab. Faßbender und Stahl bleiben jedoch als Gesellscha­fter und Geschäftsf­ührer an Bord. Ein Ausstieg kam laut Faßbender nicht infrage:„Wir haben noch eine Menge vor.“

Schon länger denken die Gründer über den Schritt in die USA nach, für den man jetzt einen starken Partner hat. Kürzlich wurde die Kooperatio­n mit dem Medienkonz­ern Disney bekannt. Die Tonies zu „Das Dschungelb­uch“und„Der König der Löwen“sind erst jüngst in Deutschlan­d erschienen und dürften auch beim US-Publikum begehrt sein. „Der Kontakt zu Disney entstand schon 2016 auf der IFA“, erinnert sich Faßbender. Damals sei ein Vertreter auf ihn zugekommen, um eine Kooperatio­n auszuloten: „Disney hat natürlich auch ein großes Interesse an der Internatio­nalisierun­g – das Potenzial des Produkts sieht man dort ja auch.“

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FOTO: SCHMIDTKOR­D Eine Toniebox.

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