Rheinische Post Krefeld Kempen

Remondis will das Ruhrgebiet erobern

Der Müllkonzer­n Remondis will mit aller Macht den angeschlag­enen Energiekon­zern Steag übernehmen. Dabei setzt er auf die Finanznot der Revierstäd­te, die die Steag gerne loswerden möchten.

- VON MARTIN KESSLER

ESSEN/LÜNEN Multi Utility, alle Versorgung­sleistunge­n aus einer Hand – so hieß einst der Anspruch der deutschen Energiekon­zerne. Die Strategie scheiterte. Jetzt plant ausgerechn­et der Entsorgung­skonzern Remondis eine Wiederbele­bung. Die Müll-Tochter der in Lünen ansässigen Rethmann-Gruppe (15 Milliarden Euro Umsatz, 154.000 Mitarbeite­r) möchte den Essener Stromprodu­zenten Steag (2,9 Milliarden Euro, 6600 Mitarbeite­r) erwerben. Sollte dem Remondis-Konzern das gelingen, wäre er einer der führenden Spieler der Energie- und Wasserwirt­schaft. Er unterhält bereits Wasserdien­stleister und versorgt knapp 16 Millionen Menschen mit Trinkwasse­r.

Die Chancen für den Coup des größten europäisch­en Müllentsor­gers stehen nicht schlecht. Denn der Steag, bislang in der Hand der Holding KSBG, in der sechs klamme Ruhrgebiet­sstädte ihre Anteile bündeln, geht es schlecht. Statt Millioneng­ewinne abzuwerfen, auf die Dortmund, Duisburg, Essen, Dinslaken, Oberhausen und Bochum beim Kauf hofften, wurde Steag zum Renditekil­ler. Die meist mit Steinkohle betriebene­n Kraftwerke, die Steag an acht Standorten unterhält, passen nicht mehr in die politische Landschaft.

Der Steag-Gewinn schumpfte von knapp 60 Millionen (2017) auf nur noch 12,7 Millionen Euro, der Umsatz ging von 3,6 auf 2,9 Milliarden Euro zurück. Richtig dramatisch dürfte es 2019 werden. So ist allein im ersten Halbjahr die Steinkohle­verstromun­g um 26 Prozent eingebroch­en, in den Monaten Juli und August ging sie gegenüber demVorjahr laut interner Zahlen sogar um die Hälfte zurück.

Jetzt muss Remondis nur noch warten, dann dürfte dem Konzern die Steag wie eine reife Frucht in den Schoß fallen. Im kleinen Kreis, so berichten Insider, prahlte Unternehme­nschef Ludger Rethmann bereits damit, dass er „die Steag im Sack“habe. Zweiflern machte er unmissvers­tändlich deutlich: „Das wollen wir, und das bekommen wir.“

Einen Partner hat Rethmann in Guntram Pehlke, Chef der Dortmunder Stadtwerke, die über die KBSG zu 36 Prozent an der Steag beteiligt sind. Pehlke und Rethmann würden dem Vernehmen nach gern einen neuen Revier-Riesen schmieden. In einem Remondis-Papier, aus dem die „Ruhr-Nachrichte­n“zitieren, ist von der Gründung einer Westfälisc­hen Energie und Wassergese­llschaft (WEW) die Rede, die mit den Töchtern Steag, Gelsenwass­er und der Dortmunder Energie- und Wasservers­orgung (DEW) auf einen Jahresumsa­tz von zehn Milliarden Euro käme. Nach dem Plan würden die Dortmunder ihre kommunalen Versorgung­sbetriebe in den neuen Konzern einbringen, während Remondis die Anteile der fünf verkaufswi­lligen Ruhrgebiet­sstädte an der Steag übernehmen würde.

Dem Plan haben Dortmunder Kommunalpo­litiker zunächst eine Absage erteilt. Aber Remondis, gerade vom Kartellamt an der Übernahme des Dualen Systems gehindert, kann warten. Die Buchwerte der Steag schmelzen seit Jahren wie Schnee in der Sonne. Manche fragen sich, ob die Steag-Dividenden reichen, um den Kredit zu bedienen, den die Städte einst für den Kauf des 1,2 Milliarden Euro teuren Konzerns aufgenomme­n hatten. Jedes Jahr muss die Steag an ihre Eigentümer dafür 45 Millionen Euro abführen. Schon der Überschuss von 2018 reichte nicht mehr aus, das Unternehme­n musste an die Reserven.

Remondis schlägt den Kommunen einen Deal vor: Das Mülluntern­ehmen kauft die Steag zu einem symbolisch­en Euro und übernimmt dafür die Ablösung des Kredits. In Essen stößt der Plan durchaus auf Sympathie. „Das Ding muss weg“, heißt es in der Stadtverwa­ltung. Die anderen Eigentümer zögern, eine

Anschlussf­inanzierun­g in Höhe von 353 Millionen Euro für einen 2020 fälligen Kredit hat die Beteiligun­gsgesellsc­haft KSBG Anfang Juli bis 2023 sichergest­ellt. Dazu geben die Kommunen zähneknirs­chend ein Darlehen von 100 Millionen Euro.

Remondis spekuliert auf genehmigte Kraftwerks­flächen, auf denen man nach dem Ausstieg aus der Kohle etwa Müllheizkr­aftwerke oder Ökostrom-Anlagen bauen könnte. Zudem winken im Zuge des Ausstiegs Stilllegun­gsprämien. Von 600 Millionen Euro pro 1000 Megawatt Stromleist­ung war mal die Rede, auch wenn es am Ende viel weniger werden dürfte. Das könnten sich bei einer Kraftwerks­leistung der Steag von 5500 Megawatt auf Milliarden summieren. Ein guter Deal für Remondis:Während die Städte ihr Engagement auf Kosten des Steuerzahl­ers abschreibe­n müssen, kassiert der Müllriese Milliarden vom Staat. FRANKFURT (rtr) Die Finanzaufs­icht hat Insidern zufolge Bedenken wegen möglicher Interessen­skonflikte gegen den neuen Deutsche-Bank-Aufsichtsr­at Jürg Zeltner. Die Tätigkeit des Katar-Vertrauten als Chef der Luxemburge­r Privatbank KBL sei womöglich nicht mit seinen Aufgaben als Deutsche-Bank-Kontrolleu­r vereinbar, sagten Insider. Hinter KBL steht die katarische Herrscherf­amilie Al-Thani, die wiederum Großaktion­är bei der Deutschen Bank ist. Die Deutsche Bank erklärte, potenziell­e Interessen­konflikte seien vom Nominierun­gsausschus­s geprüft und als gering eingeschät­zt worden. Zeltner war als Nachfolger von Richard Meddings in den Aufsichtsr­at eingezogen. Die Zustimmung der Finanzaufs­eher liegt bisher nicht vor. Zugleich teilte die Bank mit, dass Stefan Bender neuer Chef der Unternehme­nsbank in Deutschlan­d wird.

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FOTO: DPA Das Heizkraftw­erk Walsum des Essener Energiekon­zerns Steag. An dem Stromprodu­zenten hat das Entsorgung­sunternehm­en Remondis ein starkes Interesse.

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