Rheinische Post Krefeld Kempen

Angeklagte­r: „Ich hatte einen Blackout“

Die Anklage redet von Raubmord und Habgier, der Angeklagte macht geltend, spontan gehandelt und nicht gestohlen zu haben: Die Tötung eines Rentners in seiner Wohnung an der Werkstätte­nstraße wurde vor dem Landgerich­t verhandelt.

- VON JENS VOSS

Der Fall hatte für Entsetzen gesorgt, wegen der Brutalität und der Nichtigkei­t, wegen der ein Mensch sterben musste: Im März war ein 69-jähriger gehbehinde­rter Rentner in seiner Wohnung an der Werkstätte­nstraße in Oppum getötet worden; offenbar wegen 600 Euro, die das Opfer kurz zuvor von seinem Konto abgehoben hatte. Der Mann muss um sein Leben gekämpft haben: Er hatte nach Mitteilung­en der Polizei Schnittwun­den an Kopf und Händen. Nun wurde dem mutmaßlich­en Täter der Prozess am Landgerich­t Krefeld gemacht. Während die Staatsanwa­ltschaft von geplantem Raubmord ausgeht, machte der Angeklagte geltend, er sei im Streit spontan ausgeraste­t und habe den Mann nicht töten wollen.

Der 60-jährige Angeklagte verfolgte den Prozessauf­takt schweigend und mit gesenktem Kopf. SeineVerte­idigerin teilte mit, dass die in früheren Vernehmung­en gemachten Aussagen verwendet werden dürften. Seinen eigenen Angaben zufolge hatte er am Abend des 10. März bei seinem Nachbarn und langjährig­en Freund geklopft, um einen Konflikt zu klären. „Ich wollte mit ihm reden, weil er behauptete, dass ich ihn beklaut habe“, hatte der 60-Jährige nach seiner Festnahme bei der Polizei gesagt.

Der Nachbar sei mit Rollator zur Tür gekommen, habe ihm aufgemacht und nicht reden wollen. Stattdesse­n habe er den Diebstahl-Vorwurf wiederholt und ihm gedroht: „Er würde aus seiner Zeit als Discjockey Leute kennen, die würde er mir auf den Hals hetzen.“In dem Moment sei er „ausgetitsc­ht“, habe seinen Nachbarn umgeschubs­t,„ein auf dem Wohnzimmer­tisch liegendes Messer gegriffen und einfach immer wieder zugestoche­n“. Der Angeklagte hatte bestritten, aus der Wohnung eine Geldbörse mit 600 Euro gestohlen zu haben. Die Tat sei nicht geplant gewesen. „Ich wollte dem nur einen Denkzettel verpassen, ihn aber nicht töten. Ich hatte wohl einen Blackout.“

Das sieht die Staatsanwä­ltin völlig anders: Sie geht von einer geplanten Tat aus. Laut Anklage hatte der frühere Gebäuderei­niger, als sich die Wohnungstü­r öffnete, ohneVorwar­nung auf den Rentner eingestoch­en. Und das, um dem Opfer die kurz zuvor abgehobene­n 600 Euro zu stehlen. Aus Habgier. Nachbarn hatten den Toten zwei Tage später entdeckt, als sie durch ein Fenster blick

ten.Wiederholt soll es zwischen den beiden Männern Streit ums Geld gegeben haben. Der Angeklagte war offenbar verschulde­t und soll sich überall Geld geliehen haben, hatten Ermittler berichtet. Das Opfer soll auch schon früher dem 60-Jährigen vorgeworfe­n haben, Geld von ihm gestohlen zu haben. Der Prozess wird fortgesetz­t. (mit dpa)

 ?? FOTO: SAMLA ?? Im Landgerich­t: Der Angeklagte bedeckte sein Gesicht und folgte dem ersten Prozesstag schweigend und mit gesenktem Kopf. Die Anklage wirft ihm vor, einen Rentner aus Habgier erstochen und 600 Euro gestohlen zu haben.
FOTO: SAMLA Im Landgerich­t: Der Angeklagte bedeckte sein Gesicht und folgte dem ersten Prozesstag schweigend und mit gesenktem Kopf. Die Anklage wirft ihm vor, einen Rentner aus Habgier erstochen und 600 Euro gestohlen zu haben.
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