Rheinische Post Krefeld Kempen
Studentenbuden oft sanierungsreif
Verschärfung der Wohnungsnot: Vielen Wohnheimen droht die Schließung.
DÜSSELDORF/BOCHUM (dpa) Mehr als die Hälfte der über 38 000Wohnheimplätze der nordrhein-westfälischen Studierendenwerke sind ihren Angaben zufolge „dringend sanierungsbedürftig“. Der Sprecher ihrer Arbeitsgemeinschaft, Jörg Lüken, warnt davor, die begehrten, preisgünstigen Wohnanlagen kaputtzusparen. „Wenn es so weitergeht, muss in einigenWohnanlagen irgendwann der Schlüssel umgedreht werden“, sagte Lüken. Auch andere Teile des in Bochum erstellten Jahresberichts 2018 klingen alarmierend.
Bafög Nur fast jeder sechste Studierende stellte in NRW einen Antrag nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) – insgesamt rund 103.500 und beinahe 9000 weniger als 2017. Die monatliche Förderung lag im Schnitt bei 467 Euro (2017: 469 Euro). „Damit bestätigt sich auch in NRW der bundesweite Trend des rückläufigen BAföGs“, stellen die Studierendenwerke fest.
Lüken beklagt eine deutliche Schieflage: „Für die finanzielle Chancengleichheit auf dem Campus ist es dringend notwendig, dass die Studierenden auf ein attraktives BAföG-Angebot zurückgreifen können.“Die Studierendenwerke benötigten dringend mehr Landesmittel, damit die Anträge endlich digital und schneller bearbeitet werden könnten. Allein in der BAföG-Verwaltung sei 2018 aber wieder ein Defizit von 1,3 Millionen Euro in NRW entstanden.
Wohnheime Günstige Studentenbuden sind mehr denn je Mangelware. Ende 2018 unterhielten die Studierendenwerke in über 300 Anlagen insgesamt 38 246 Wohnheimplätze - 159 weniger als 2017. Die Zahl der Bewerber lag mit mehr als 50 000 weit über dem Angebot. Die Auslastungsquote wird mit 98 Prozent beziffert. Die Durchschnittsmiete, die in der Regel auch Strom, Heizung, TV und Internet enthält, lag bei 257 Euro und damit deutlich günstiger als auf dem privaten Wohnungsmarkt.
Sanierungsstau Über 20.000 Wohnheimplätze der Studierendenwerke sind ihrer Einschätzung zufolge „dringend sanierungsbedürftig“. Der Investitionsaufwand in den teils noch aus den 70er Jahren stammenden Wohnanlagen liege akut bei knapp 300 Millionen, langfristig sogar bei über 700 Millionen Euro. Die Studierendenwerke fordern vom Land mindestens 15 Millionen Euro zusätzlich. Derzeit liegt der Zuschuss für allgemeine Aufgaben der landeseigenen Anstalt bei 40,5 Millionen Euro jährlich.
Sozialbeiträge Während die Landeszuschüsse noch auf dem Niveau von 1994 verharrten, müssten die Studierenden das Finanzloch stopfen, kritisierten die Werke. Deren Sozialbeiträge hätten sich im Laufe der Jahre „zu einer zweiten Studiengebühr“entwickelt.
Hätten Land und Studierende die Grundfinanzierung derWerke vor 15 Jahren noch hälftig mit 98 Euro pro Studierendem und Jahr unterstützt, habe sich die Verteilung der Lasten völlig verkehrt, berichtete Lüken. Heute bezahle das Land 68 Euro pro Kopf und Jahr, während die angehenden Akademiker 178 Euro berappen müssten.