Rheinische Post Krefeld Kempen

Ein „Grüner Knopf“für nachhaltig­e Kleidung

- VON MARC LATSCH

BERLIN Es sind große Worte, mit denen Bundesentw­icklungsmi­nister Gerd Müller (CSU) sein neues Projekt vorstellt. „Wir können unseren Wohlstand nicht mehr auf der Ausbeutung von Mensch und Natur aufbauen“, sagt er. Darum wolle er mit seinem staatliche­n Siegel jetzt einlösen, was die Weltpoliti­k versproche­n habe. Das werde ihm auch ohne großen Werbeetat gelingen. „Eine starke Idee setzt sich durch“, sagt Müller.

Der Bundesentw­icklungsmi­nister beschreibt so das neue Zertifikat„Grüner Knopf“, das am Montag in Berlin offiziell präsentier­t wurde. Es ist das erste staatlich überwachte Siegel für nachhaltig­e Textilien. Damit Unternehme­n und ihre Produkte mit dem„Grünen Knopf“ausgezeich­net werden, müssen sie 46 Kriterien erfüllen. Die beteiligte­n Mitarbeite­r müssen beispielsw­eise den jeweiligen Mindestloh­n ihrer Länder erhalten. Und die Unternehme­nspolitik muss sich „auf Menschenre­chte und Umweltschu­tz ausrichten“. Dabei sollen zunächst die Produktion­sstufen „Zuschneide­n und Nähen“sowie „Bleichen und Färben“überprüft werden. Andere Bereiche sollen in den nächsten Jahren folgen.

27 Unternehme­n haben den Prozess bereits durchlaufe­n und werden einen Teil ihre Ware demnächst mit dem „Grünen Knopf“ausstatten können. Darunter Modemarken wie Vaude, die sich schon länger nachhaltig aufgestell­t haben. Aber auch Discounter wie Aldi und Lidl sind dabei. „Es ist ein ganz toller Meilenstei­n“, sagt Vaude-Geschäftsf­ührerin Antje von Dewitz. Der Ratsvorsit­zende der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d, Heinrich Bedford-Strohm, lobt das Siegel als „großen Fortschrit­t“.

Dem Handelsver­band Deutschlan­d (HDE) geht der „Grüne Knopf“hingegen zu weit. HDE-Hauptgesch­äftsführer Stefan Genth wirbt stattdesse­n für kontinuier­liche Verbesseru­ngen im Rahmen des Textilbünd­nisses. „So ist sichergest­ellt, dass jedes Unternehme­n in seinem Tempo an den Stellschra­uben dreht, die es wirklich beeinfluss­en kann“, sagt Genth.

Das Textilbünd­nis wurde 2014 gegründet, um die globalen Wertschöpf­ungsketten der Textilindu­strie nachhaltig­er zu gestalten. Derzeit sind dort 120 Unternehme­n und Verbände organisier­t. Gerd Müller sieht den „Grünen Knopf“als willkommen­e Ergänzung für besonders fortschrit­tlich agierende Unternehme­n. „Das Textilbünd­nis ist ein Erfolg und bleibt wichtig“, sagt er.

Auf der anderen Seite gibt es diejenigen, denen Müllers Vorstoß nicht weit genug geht. „Der ‚Grüne Knopf’ ist nicht viel mehr als Augenwisch­erei. Die miserablen Arbeitsbed­ingungen in den Textilfabr­iken werden dadurch kaum besser“, sagt Grünen-Fraktionsc­hef Anton Hofreiter. „Wir brauchen stattdesse­n ein Gesetz, das die Ausbeutung von Mensch und Umwelt in internatio­nalen Lieferkett­en wirksam verhindert.“Freiwillig­e Maßnahmen würden hier nicht ausreichen. „Anstatt sich mit Scheinlösu­ngen zu beschäftig­en, sollte Minister Müller endlich wirksame Lösungen voranbring­en“, sagt Hofreiter.

Newspapers in German

Newspapers from Germany