Rheinische Post Krefeld Kempen
Ein „Grüner Knopf“für nachhaltige Kleidung
BERLIN Es sind große Worte, mit denen Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sein neues Projekt vorstellt. „Wir können unseren Wohlstand nicht mehr auf der Ausbeutung von Mensch und Natur aufbauen“, sagt er. Darum wolle er mit seinem staatlichen Siegel jetzt einlösen, was die Weltpolitik versprochen habe. Das werde ihm auch ohne großen Werbeetat gelingen. „Eine starke Idee setzt sich durch“, sagt Müller.
Der Bundesentwicklungsminister beschreibt so das neue Zertifikat„Grüner Knopf“, das am Montag in Berlin offiziell präsentiert wurde. Es ist das erste staatlich überwachte Siegel für nachhaltige Textilien. Damit Unternehmen und ihre Produkte mit dem„Grünen Knopf“ausgezeichnet werden, müssen sie 46 Kriterien erfüllen. Die beteiligten Mitarbeiter müssen beispielsweise den jeweiligen Mindestlohn ihrer Länder erhalten. Und die Unternehmenspolitik muss sich „auf Menschenrechte und Umweltschutz ausrichten“. Dabei sollen zunächst die Produktionsstufen „Zuschneiden und Nähen“sowie „Bleichen und Färben“überprüft werden. Andere Bereiche sollen in den nächsten Jahren folgen.
27 Unternehmen haben den Prozess bereits durchlaufen und werden einen Teil ihre Ware demnächst mit dem „Grünen Knopf“ausstatten können. Darunter Modemarken wie Vaude, die sich schon länger nachhaltig aufgestellt haben. Aber auch Discounter wie Aldi und Lidl sind dabei. „Es ist ein ganz toller Meilenstein“, sagt Vaude-Geschäftsführerin Antje von Dewitz. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, lobt das Siegel als „großen Fortschritt“.
Dem Handelsverband Deutschland (HDE) geht der „Grüne Knopf“hingegen zu weit. HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth wirbt stattdessen für kontinuierliche Verbesserungen im Rahmen des Textilbündnisses. „So ist sichergestellt, dass jedes Unternehmen in seinem Tempo an den Stellschrauben dreht, die es wirklich beeinflussen kann“, sagt Genth.
Das Textilbündnis wurde 2014 gegründet, um die globalen Wertschöpfungsketten der Textilindustrie nachhaltiger zu gestalten. Derzeit sind dort 120 Unternehmen und Verbände organisiert. Gerd Müller sieht den „Grünen Knopf“als willkommene Ergänzung für besonders fortschrittlich agierende Unternehmen. „Das Textilbündnis ist ein Erfolg und bleibt wichtig“, sagt er.
Auf der anderen Seite gibt es diejenigen, denen Müllers Vorstoß nicht weit genug geht. „Der ‚Grüne Knopf’ ist nicht viel mehr als Augenwischerei. Die miserablen Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken werden dadurch kaum besser“, sagt Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. „Wir brauchen stattdessen ein Gesetz, das die Ausbeutung von Mensch und Umwelt in internationalen Lieferketten wirksam verhindert.“Freiwillige Maßnahmen würden hier nicht ausreichen. „Anstatt sich mit Scheinlösungen zu beschäftigen, sollte Minister Müller endlich wirksame Lösungen voranbringen“, sagt Hofreiter.