Rheinische Post Krefeld Kempen

Die Technisier­ung der Landwirtsc­haft

Von der Feldarbeit mit Muskelkraf­t, kleinem Gerät und Tieren hin zum Einsatz immer effiziente­rer Maschinen — das Niederrhei­nische Freilichtm­useum zeigt in einer Sonderauss­tellung, wie die Landwirtsc­haft immer technische­r wurde.

- VON EMILY SENF

GREFRATH Morgens um zwei aufstehen, den Röhrenkess­el aufheizen, damit er vier Stunden später einsatzber­eit ist, und ihn dann den ganzen Tag am Laufen halten. Gegessen wird im Stehen neben der Lokomobile, die Maschine braucht stetig Wasser und Kohle in rauen Mengen. Zwölf bis 14 Stunden dauert ein normaler Arbeitstag. Auch mit dem Einsatz von Maschinen war die Landwirtsc­haft noch beschwerli­ch – aber immerhin deutlich leichter als zuvor. Wie die Technisier­ung der Landwirtsc­haft in der Region bis zur Mitte des 20. Jahrhunder­ts vorangesch­ritten ist, zeigt der Kreis Viersen in der Sonderauss­tellung „Triumph der Maschinen“im Niederrhei­nischen Freilichtm­useum.

Damit widmet sich der Kreis einem Kernthema des Museums, sagte Ingo Schabrich, Kreisdirek­tor und Kulturdeze­rnent des Kreises, bei der Vorstellun­g: dem landwirtsc­haftlichen Leben am Niederrhei­n und einem extrem wichtigen geschichtl­ichen Schritt. Denn zwar führte der Einsatz von Maschinen zu einer Arbeitserl­eichterung – aber auch zu einer Steigerung des Ertrags, die bitter nötig war. „Allein schon, weil die Bevölkerun­g Ende des 19. Jahrhunder­ts stetig anwuchs“, sagte Anke Petrat, Leiterin des Niederrhei­nischen Freilichtm­useums und Kuratorin der Ausstellun­g. Lebten zuvor rund 80 Prozent der Bevölkerun­g auf dem Land, zogen im Zuge der Industrial­isierung nun immer mehr Menschen in die Städte. Um 1900 habe ein Landwirt noch vier Menschen ernährt, um 1950 seien es schon 19 gewesen, inzwischen seien es 155.

Die Sonderauss­tellung ist in der Hofanlage Waldniel zu sehen. Diese wurde 1785 gebaut und ist der jüngste der Höfe des Freilichtm­useums. Der Beginn der Technisier­ung begann nur wenige Jahrzehnte nach dem Baubeginn. Der Hof biete sich darum als Standort geradezu an, sagte Schabrich. Die landwirtsc­haftlichen Geräte, die nun dort gezeigt werden, stammen aus dem späten 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunder­ts, überwiegen­d aus dem Bestand des Museums. Eine der wenigen Ausnahmen ist die rund viereinhal­b Tonnen schwere Lokomobile von 1907. Sie wurde erst am Dienstag mit einem Schwertran­sport nach Grefrath gebracht und steht eigentlich im Industriem­useum des Landschaft­sverbands Rheinland in Oberhausen.

Großformat­ige Texte neben den Ausstellun­gsstücken erläutern die Funktion der Maschinen, für Kinder gibt es Informatio­nen auf Augenhöhe in kindgerech­ter Sprache.

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RP-FOTOS (4): SENF Haben sich die Maschinen schon mal angesehen (von links): Peter Hormann, Ingo Schabrich, Anke Petrat und Herbert Kättner.
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(Weißkohl) in die Erde setzen.
Diese Lokomobile von 1907 steht sonst im LVR-Industriem­useum. Dank dieser Ma schine konnten drei Personen gleichzeit­ig Kappespfla­nzen (Weißkohl) in die Erde setzen.

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