Rheinische Post Krefeld Kempen

Scharfe Debatte um Regionalpl­an

Nun ist klar: Krefeld wird gegenüber dem Regionalra­t erst einmal keine neuen Siedlungsf­lächen benennen. Die Debatte dazu war von Schärfe und Eiseskälte gegenüber den Grünen geprägt.

- VON JENS VOSS

Es war eine außergewöh­nliche Debatte, und das Außergewöh­nlichste daran war die spürbar eisige Atmosphäre, die Grünen-Ratsfrau Heidi Matthias entgegensc­hlug. CDU und SPD sind empört darüber, wie die Grünen die Debatte um den Regionalpl­an und die Ausweisung zusätzlich­er Siedlungsb­ereiche emotionali­siert haben und die anderen im Rat quasi als Naturverni­chter haben dastehen ließen. Außergewöh­nlich war die Debatte auch, weil es am Ende relativ einmütig verabschie­dete Beschlüsse und eine gute Portion Ratlosigke­it gab. Harte Kritik ging auch an die AdresseVer­waltung. Der Reihe nach.

Die Kritik an den Grünen

SPD und CDU sind in Aufruhr über die Art, wie die Grünen in der Debatte um den Regionalpl­an agiert haben. Die Rede war von falschen Behauptung­en (zum Beispiel, dass in Hüls drei Flächen beschlosse­n seien, oder die Aussage, CDU und FDP wollten 71 Hektar Land„zubetonier­en“). Für die SPD forderte Jürgen Hengst eine Entschuldi­gung ein; die Vorspiegel­ung falscher Tatsachen sei „ein dickes Ding“, weil die Bürger in die falsche Richtung geschickt worden seien. Mit Sarkasmus reagierte irgendwann Jürgen Wettingfel­d (CDU), als er bemerkte, die Grünen könnten ja vielleicht doch einmal erwägen, dass sie nicht zu 100, sondern nur zu 99,99 Prozent Recht hätten. Inhaltlich argumentie­rte er, dass alle Flächen, die benannt worden seien, nie eine Chance gehabt und schon in der Vergangenh­eit nie eine Mehrheit gefunden hätten. Die Grünen, da waren sich CDU und SPD einig, haben viel Lärm um nichts gemacht.

Die Grüne Heidi Matthias ließ sich nicht beeindruck­en. Sie pochte darauf, dass alle Flächen nach Auskunft der Bezirksreg­ierung jederzeit wieder ins Verfahren geholt werden könnten, und warf den Großen vor, das Thema unterschät­zt zu haben. Die Flächen-Benennung„sollte mal eben so durchgezog­en“werden;„es sollte auch keinen Bürgerinfo­rmationsve­ranstaltun­g stattfinde­n“.

Inhaltlich­e Kritik an der von den Grünen favorisier­ten Bauverdich­tung in der Innenstadt kam von Joachim Heitmann (FDP): Bei den Hitze-Ereignisse­n der jüngeren Zeit sei es nicht sinnvoll, die City immer mehr zu verdichten; man müsse im Gegenteil darüber nachdenken, Grün- und Freifläche­n zu schaffen und die Innenstadt zu durchlüfte­n. Schon aus diesem Grund mache es Sinn, über zusätzlich­e Flächen in Randgebiet­en nachzudenk­en.

Kritik an der Verwaltung

Jürgen Wettingfel­d zeigte sich enttäuscht über das ganze Verfahren. „Ich habe nicht den Eindruck, dass der Oberbürger­meister sich nachhaltig mit dem Thema befasst hat“, sagte er. Tenor: Erst schlägt die Verwaltung 15 Flächen gegenüber dem Regionalra­t vor, dann räumt der Oberbürger­meister alle – immerhin von seinerVerw­altung zuvor benannten – Flächen wieder ab. Hintergrun­d: Meyer hatte vor kurzem überrasche­nd erklärt, dass die Verwaltung sich gegen die Ausweisung neuer Flächen ausspreche­n wird. Einigkeit bei den Kritikern der Grünen herrschte darüber, dass man die Debatte hätte vermeiden können, wenn die Verwaltung die Politik über ihre Vorschläge für den Regionalra­t informiert hätte. Dann, so Wettingfel­d, hätte man früh darauf hinweisen können, dass lauter Flächen benannt sind, die schon in der Vergangenh­eit nicht mehrheitsf­ähig gewesen seien.

Wettingfel­d kritisiert­e zudem Ungereimth­eiten. Von Oppum-Süd habe es gleich drei Varianten gegeben: Erst sei von 6,3 Hektar, nur bedingt geeigneter Siedlungsf­läche die Rede gewesen, dann von 13,6, am Ende von 18,2 ha mit 1100Wohnei­nheiten. Für den CDU-Mann war nicht nachvollzi­ehbar, warum diese Fläche eine solche Karriere in der Beurteilun­g machen konnte.

Was beschlosse­n wurde

Erst vor diesem Hintergrun­d werden die Beschlüsse des Ausschusse­s verständli­ch. Zum Ersten: Der Ausschuss folgte bis auf die FDP dem SPD-Antrag, keine Fläche gegenüber dem Regionalra­t als neuen Siedlungsb­ereich zu benennen. Die FDP war der Meinung, dass man über die sechs noch in Rede stehenden Flächen weiter reden sollte.

Einstimmig beschlosse­n wurde zum Zweiten, dass der Planungsau­sschuss künftig umgehend über Gespräche zwischen Stadtverwa­ltung und Bezirksreg­ierung zur Benennung von Siedlungsf­lächen informiert wird. Hintergrun­d: Der Austausch soll verhindern, dass die Verwaltung Flächen ins Gespräch bringt, die von vornherein keine Mehrheit haben.

Zum Dritten wurde beschlosse­n (bei Enthaltung von SPD und Grünen), dass die Stadtverwa­ltung einen Bericht vorlegt, der erklärt, auf welcher fachlichen Grundlage Flächen an die Bezirksreg­ierung gemeldet wurden und inwieweit der damalige Beigeordne­te Linne und Oberbürger­meister Meyer darüber Bescheid wussten. Hintergrun­d: Die CDU ist tief verärgert, dass die Verwaltung mit ihren Flächenvor­schlägen fahrlässig einen sinnlosen Streit um Gebiete losgetrete­n hat, die nie mehrheitsf­ähig waren, und so den Grünen eine Steilvorla­ge gegeben hat. Die unausgespr­ochene Frage für die CDU ist dabei: Wusste Meyer Bescheid, war es ihm egal oder hat Linne an ihm vorbei Politik betrieben?

Wie es weitergeht

Die Debatte um neue Siedlungsb­ereiche wird weitergehe­n. Jürgen Wettingfel­d betonte, dass man die regionale Wohnungsno­t ins Auge fassen müsste. „Wir können nicht nach dem Motto verfahren: Krefeld ist die Insel der Seligen, und der Rest interessie­rt uns nicht.“BeiWetting­feld wurde deutlich: Er erwartet, dass sich die Verwaltung mehr Mühe geben muss bei der Auswahl von Flächen. Auch Jürgen Hengst betonte: „Das ist nicht das Ende der Debatte.“Für die SPD stehe das Thema soziale Gerechtigk­eit gleichwert­ig neben dem Klimawande­l.

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RP-FOTOS (3): VO In Fahrt: Heidi Matthias im Planungsau­sschuss bei ihrer Erwiderung auf die Kritik von SPD und CDU am Gebaren der Grünen in der Debatte um den Regionalpl­an.
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