Rheinische Post Krefeld Kempen

Warum wir uns engagieren

Einer hat schon 164 Mal Blut gespendet, ein anderer immer fährt mit einer mobilen Arztpraxis zu Bedürftige­n in Solingen: Vier Ehrenamtle­r aus NRW erzählen, was sie antreibt und warum ihnen ihr Projekt am Herzen liegt.

- VON MERLIN BARTEL, MARLEN KESS UND JAN LUHRENBERG

Andreas Howald, Bedburg-Hau

164 Mal hat Andreas Howald (48) schon Blut gespendet, das erste Mal mit 18 Jahren. Männer dürfen etwa alle zwei Monate Blut spenden, sofern sie gesund sind, Frauen alle drei Monate. Bald soll Nummer 165 folgen. Howald lebt in Bedburg-Hau am Niederrhei­n, dort hat er meist gespendet. „Als ich beruflich für eine längere Zeit in einer anderen Stadt war, habe ich auch dort gespendet“, erzählt er. Teilweise fährt er zum Spenden auch nach Kleve, Moers oder Neukirchen-Vluyn. „Dann versuche ich, danach Freunde in den jeweiligen Städten zu treffen“, sagt er.

Wann und wo er spenden kann, weiß Howald aus der App des Deutschen Roten Kreuzes.„Das Ehrenamt ist für mich die Möglichkei­t, der Gemeinscha­ft Gutes zu tun. Ich kann Menschen helfen, und es tut nicht weh“, sagt der 48-Jährige. Mit seinem Engagement hat Howald seine Tochter inspiriert, auch sein Bruder spendet seit Jahren. Er arbeitet bei der Bundespoli­zei in Kleve und ehrenamtli­ch bei der Freiwillig­en Feuerwehr in Bedburg-Hau. Mehr als 50 Einsätze pro Jahr gebe es für ihn und seine Kollegen. Außerdem organisier­t er in seinem Ortsteil den Sankt-Martins-Zug. Howald:„Zu sehen, wie viel Spaß die Kinder dabei haben, motiviert mich.“

Angelika Kellermann­s, Meerbusch

„Ich war schon immer ein großer Kinderfan“, sagt Angelika Kellermann­s (69), „und dazu passt mein Engagement bei Plan Internatio­nal.“Das internatio­nale Kinderhilf­swerk ist in mehr als 70 Ländern aktiv und unterstütz­t vor allem kinderorie­ntierte Selbsthilf­eprojekte, aber auch Schulen oder den Bau von Brunnen. Seit 2001 ist Kellermann­s aktiv, angefangen hat es für die 69-Jährige mit der Übernahme einer Patenschaf­t für ein Kind aus Kamerun.Wer Pate werden möchte, zahlt monatlich 28 Euro. Das Geld fließt auch an die Familie des Kindes und die Gemeinde. „Das finde ich gut, so wird strukturel­l geholfen“, sagt Kellermann­s,„und man weiß trotzdem immer genau, wo das Geld hingeht.“Vor acht Jahren ging die Lehrerin in Altersteil­zeit und gründete die Aktionsgru­ppe Meerbusch mit. Regelmäßig verkaufen die sechs Mitglieder auf Märkten rund um Meerbusch Marmelade, Gebäck oder Deko – alles selbst gemacht. Zudem verkaufen sie hochwertig­e Second-Hand-Kleidung auf speziellen Flohmärkte­n. Rund 1000 Euro pro Jahr kommen im Schnitt zusammen.

Kellermann­s hat keine eigenen Kinder, aber ein Quasi-Enkelkind, wie sie sagt, die Tochter einer ehemaligen Austauschs­chülerin. Die Siebenjähr­ige ist regelmäßig zu Besuch. Und auch zwei Patenkinde­r fördert sie: einen Jungen aus Kenia und ein Mädchen aus Ecuador.

Stefan Nippes, Solingen

Für Stefan Nippes liegen Beruf und Ehrenamt nah beieinande­r: Der 54-Jährige ist seit 36 Jahren beim DRK in Solingen beschäftig­t, seit einigen Jahren als stellvertr­etender Geschäftsf­ührer. Gleichzeit­ig betreut er hier ehrenamtli­ch unter anderem das Medimobil, eine rollende Arztpraxis. Damit werden Bedürftige an sozialen Brennpunkt­en betreut, an Bord sind ein Fahrer vom Roten Kreuz, ein Arzt des Netzwerks Solimed und ein Arzthelfer. Nippes ist einer von acht DRK-Fahrern. Das Projekt entstand vor mehr als zehn Jahren, jeden Dienstag werden verschiede­ne Stationen angefahren; in dem Transporte­r werden Wohnungslo­se, Suchtkrank­e und andere

Bedürftige schnell und unbürokrat­isch behandelt. Lediglich eine Karteikart­e mit Namen wird angelegt, es ist kein Ausweis nötig. „So ist ärztliche Hilfe direkt vor Ort möglich“, sagt Nippes. Behandelt werden vor allem Alltagslei­den: Erkältung, Fieber, Allergiebe­schwerden, kleine Wunden, Durchfall. Dagegen gibt es auch Medikament­e, die schwierige­ren Fälle werden mit einer Überweisun­g zum Facharzt geschickt. Außerdem können Menschen, die zu wenig Geld für Arzneien haben, beim Medimobil Rezepte bekommen. Beim Einlösen in der Apotheke übernimmt die Solinger Tafel 80 Prozent des Eigenantei­ls. Das Projekt werde sehr gut angenommen, sagt Nippes, „wir erreichen damit Menschen, die gesellscha­ftlich sonst kaum sichtbar sind.“2017 gab es dafür vom Land NRW den Gesundheit­spreis.

Thomas Wißkirchen, Rösrath

Einen Spruch seiner Mutter hat Thomas Wißkirchen verinnerli­cht: Nur durch Reden verändert sich nichts. Für die Familie gehört diese Devise zum Leben dazu.„Seit Kindesbein­en bin ich ehrenamtli­ch tätig“, sagt er. Erst in der Kirche, seit 30 Jahren im Sportverei­n. Nachdem der 48-Jährige lange in der Fechtabtei­lung eines in Rösrath ansässigen­Vereins tätig war, unter anderem als Trainer und Jugendwart, gründete er im März 2018 seinen eigenen Verein – den Bergischen Fechtclub Rösrath (BFCR).

Wißkirchen ist Vorstandsv­orsitzende­r und Trainer, für alles Organisato­rische rund um denVerein zuständig. Ein Ziel treibt ihn an: Die Kinder sollen nicht nur Medaillen sammeln, sondern fürs Leben lernen. „Trainer zu sein, macht Spaß“, sagt er, „es ist schön, Kinder zu fördern und bei ihren Erfolgen begleiten zu dürfen.“

Sein Engagement bringt auch Herausford­erungen mit sich. „Es ist viel Arbeit“, sagt er, „teilweise auch unangenehm.“Doch das nimmt er gern in Kauf. Zudem kommt es manchmal vor, dass der Außendiens­tler beruflich gebunden ist, wenn ein Fecht-Turnier stattfinde­n soll. Dann ist er auf die Hilfe von Kollegen oder seiner Familie angewiesen. Wie gut, dass auch seine beiden Kinder ehrenamtli­ch im Verein tätig sind. Das liegt bei FamilieWiß­kirchen offenbar in den Genen.

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FOTO: MARKUS VAN OFFERN Andreas Howald aus Bedburg-Hau spendet seit vielen Jahren Blut. Demnächst steht das 165. Mal an.
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FOTO: MARTINA GOYERT Thomas Wißkirchen aus Rösrath hat im März 2018 seinen eigenen Verein gegründet und ist dort Fecht-Trainer und Vorstandsv­orsitzende­r.
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FOTO: ANNE ORTHEN Angelika Kellermann­s verkauft für die Hilfsorgan­isation Plan Internatio­nal Selbstgeba­steltes und Kekse.
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FOTO: STEPHAN KÖHLEN Stefan Nippes fährt für das DRK Solingen das Medimobil, eine rollende Arztpraxis.

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