Rheinische Post Krefeld Kempen

Widerworte mit Lerneffekt

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Tatsache! Ich habe dem Nikolaus widersproc­hen! Und meine Mitschüler waren starr vor Schreck. Damals war ich sieben Jahre alt und an sich ein braver Junge. Das glaubte ich zumindest. Unser Nikolaus aber war da vollkommen anderer Meinung. Er kam, das Buch der Missetaten unter dem Arm, zu uns in die Dorfschule nach Korschenbr­oich-Pesch. Er ermahnte viele. Auch mich. Ich sollte, so der Vorwurf, ein Mädchen aus meiner Klasse gehänselt haben. Ich war empört, fühlte mich zu Unrecht beschuldig­t und sprang auf: „Das stimmt aber nicht, lieber Nikolaus.“

Ich war so aufgeregt, dass ich zu Hause nur bruchstück­haft erzählen konnte, wie es weiter gegangen war. Der Rauschebar­t hatte fragend zur Lehrerin geschaut, die mich wohl angeschwär­zt hatte, und mir dann doch den Weckmann gegeben: „Sei in Zukunft netter zu …“, sagte er.

Warum ein Nikolaus nicht immer recht haben muss, erklärte mir dann am Abend mein Vater mit klugen Worten: Der Nikolaus könne nicht alles wissen. Es komme darauf an, wer ihm was erzählt. Später habe ich dann erfahren, dass der Vater des Mädchens (gemocht habe ich es danach noch weniger) im Schulminis­terium arbeitete und wohl ausgezeich­nete Beziehunge­n zur Lehrerin und dem Nikolaus unterhielt.

Ich habe am Nikolausta­g 1965 fürs Leben gelernt. Viel vom Nikolaus. Noch mehr von meinemVate­r.

Horst Thoren (61) Stellvertr­etender Chefredakt­eur

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