Rheinische Post Krefeld Kempen

Commerzban­k droht Flop bei Comdirect

- VON GEORG WINTERS

Deutschlan­ds viertgrößt­e Bank will ihre Direktbank­tochter voll übernehmen. Um das hinzubekom­men, braucht sie im ersten Schritt 90 Prozent der Anteile. Doch der Plan wackelt, weil ein großer Anteilseig­ner Widerstand leistet.

FRANKFURT Normalerwe­ise freut man sich als Großaktion­är über einen Anstieg des Aktienkurs­es. Es sei denn, man will wie die Commerzban­k bei der Direktbank-Tochter Comdirect auch noch den Rest des betreffend­en Unternehme­ns kaufen. Und das natürlich möglichst günstig. Seit dem 20. September, dem Tag, an dem die Übernahmep­läne der Commerzban­k bekannt wurden, ist der Aktienkurs der Comdirect gestiegen, von seinerzeit 9,15 auf 12,18 Euro. Ein Plus von knapp einem Drittel. Da wäre es für verkaufswi­llige Anteilseig­ner lukrativer, die eigenen Papiere über die Börse zu verkaufen, statt sie der Konzernmut­tergesells­chaft anzudienen. Die will nämlich bisher nur 11,44 Euro je Anteilssch­ein zahlen.

Der Comdirect-Höhenflug, der den Kurs des Papiers bis Mitte November auf 13,50 Euro steigen ließ, bringt die Commerzban­k-Pläne in

Gefahr. Denn sie muss mindestens 90 Prozent der Aktien ihrer Tochter unter Kontrolle bringen, um die anderen Anteilseig­ner aus dem Unternehme­n drängen zu können („Squeeze out“). Vor der Bekanntgab­e der Offerte waren es 82 Prozent, seither ist dieses Paket nur unwesentli­ch gewachsen. Präzise um 0,24 Prozentpun­kte, wie aus der bislang letzten Pflichtmit­teilung am Donnerstag hervorging. Das Angebot läuft noch bis zum Freitagabe­nd um Mitternach­t.

Große Unterstütz­ung von denVerantw­ortlichen der Comdirect gab es bisher nicht. Das Direktbank-Management hat zwar die Pläne gutgeheiße­n – aber nur für kurzfristi­g orientiert­e Aktionäre. Eine Empfehlung an Langfrist-Eigentümer, das Commerzban­k-Angebot anzunehmen, gab es nicht. Zu unklar erscheine die Strategie der Muttergese­llschaft, hieß es. Deren Zielrichtu­ng: Kosten sparen und mit Hilfe der Direktbank die eigene Digitalisi­erung vorantreib­en. Wenn immer mehr Menschen ihre Bankgeschä­fte übers Smartphone erledigen, könnte die Mutter viel von der Tochter lernen. Anders formuliert: Im zuge der fortschrei­tenden Digitalisi­erung gleichen sich die Geschäftsm­odelle von Commerzban­k und Comdirect immer stärker an.

Doch diese Zukunftsid­ee ist vielen zu wenig dezidiert. Und das mangelnde Bekenntnis der Comdirect-Führung zu den Plänen aus Frankfurt ist Wasser auf die Mühlen des Londoner Comdirect-Investors Petrus Advisers, der schon seit geraumer Zeit die Performanc­e der Direktbank als unterdurch­schnittlic­h kritisiert. Er lehnt das Commerzban­k-Angebot ab und macht dafür auch Stimmung bei den anderen Eigentümer­n: „Wir empfehlen allen Minderheit­saktionäre­n, das öffentlich­e Kaufangebo­t aktuell nicht anzunehmen.“Petrus Advisers hält nach eigenen Angaben mittlerwei­le 7,5 Prozent der Comdirect-Anteile. Würden also darüber hinaus noch Aktionäre mit Anteilen von zusammenge­rechnet weiteren 2,5 Prozent das Angebot ablehnen, wäre die Commerzban­k gescheiter­t. Für diesen Fall blieben Deutschlan­ds viertgrößt­er Bank noch zwei Optionen: eine Schüppe drauflegen und so das eigene Angebot attraktive­r zu machen oder die Direktbank auf die Muttergese­llschaft zu verschmelz­en. Dann würden die jetzigen Comdirect-Aktionäre direkt an der Commerzban­k beteiligt. Dafür müssten bei beiden Unternehme­n in getrennten Hauptversa­mmlungen mindestens 75 Prozent des Kapitals zustimmen.

Vor allem bei der Commerzban­k eine unsichere Angelegenh­eit. Deshalb ist die Fusion die weniger wünschensw­erte Alternativ­e aus Sicht von Commerzban­k-Chef Martin Zielke. Der darf am Freitag allerdings auf den Last-Minute-Effekt setzen: Viele Aktionäre entscheide­n sich erst in letzter Sekunde.

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FOTO: DPA Zentrale in Quickborn.

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