Rheinische Post Krefeld Kempen

Von Willich nach Tokio

- VON JAN LUHRENBERG

Nina Mittelham ist eine der besten Tischtenni­s-Spielerinn­en in Deutschlan­d. Die 23-Jährige pendelt für ihren Traum von Olympia wöchentlic­h zwischen ihrer Heimatstad­t, Düsseldorf und Berlin.

DÜSSELDORF Der Zufall spielte in der Karriere von Nina Mittelham gleich zu Beginn zwei Mal eine große Rolle. Zunächst, als sie als kleines Mädchen zum Tischtenni­s kam. Sie war acht Jahre alt, als ihr Bruder, mit dem sie in ihrem Heimatort Willich zusammen Fußball gespielt hatte, etwas anderes ausprobier­en wollte und beim Tischtenni­s landete. Wenige Monate später nahm er Nina dann kurzerhand mit. „Ich habe bei einem Jugendturn­ier mitgemacht und gleich gewonnen“, erinnert sich Mittelham. Tischtenni­s habe ihr von der ersten Sekunde an Spaß gemacht. Deswegen ist sie am Ball geblieben.

Schnell wurde deutlich, dass sie das nötige Talent mitbringt. Dann schlug ein zweites Mal der Zufall zu. Ihr Verein hatte bei einem Wettbewerb mitgemacht und gegen Bayer 05 Uerdingen klar verloren. Die frühere ungarische Nationalsp­ielerin Ildiko Imamura, die damals Trainerin in Uerdingen war, wurde trotzdem prompt auf Mittelham aufmerksam und holte sie nach Krefeld. „Dort habe ich angefangen, täglich zu trainieren“, sagt Mittelham. Mit zwölf Jahren ging sie ins Internat am Deutschen Tischtenni­s-Zentrum (DTTZ) in Düsseldorf.

Auch heute noch trainiert Mittelham in Düsseldorf, wo es drei vollausges­tattete Hallen, einen Kraftraum und Physiobetr­euung gibt. „Wir haben hier mit die besten Bedingunge­n auf derWelt“, sagt Mittelham. Im DTTZ feilt sie mindestens an sechs Tagen in derWoche an ihrem Spiel. Meist hat sie zwei Trainingse­inheiten am Tag. Plus Kraft- und Konditions­training. Plus Schnelligk­eitsübunge­n. Plus Spieltermi­ne in der Saison.

Der Lebensmitt­elpunkt bleibt aber weiter ihre Heimatstad­t Willich. Vor kurzem legte sie sich eine Eigentumsw­ohnung zu, die zehn Minuten von ihrem Elternhaus entfernt liegt. Die 23-Jährige schätzt die Nähe zu ihren Wurzeln. „Wenn ich in Düsseldorf wohnen würde, wäre mir das zu viel – zu viel Tischtenni­s, zu viele Leute aus dem Tischtenni­s“, sagt sie. „Zu Hause habe ich noch mein privates Umfeld, das ist mir sehr wichtig.“Ihre Eltern besucht sie regelmäßig, auch mit Freunden trifft sie sich häufig.

Seit 2018 spielt Mittelham beim

TV-TIPPS

Skispringe­n/ Eurosport, 15.25 bis 16.45 Uhr: Weltcup in Nizhny Tagil/Russland, Qualifikat­ionsspring­en. Basketball/ Sport1, 20.30 bis 22.15 Uhr: BBL (11. Spieltag), Löwen Braunschwe­ig - Hamburg Towers.

Weltcup in Östersund/Schweden, Einzel Frauen (15 km):

1. Braisaz (Frankreich) 42:35,1 Min./2 Schießf.; 2. Dschima (Ukraine) +11,1 Sek./0; 3. Simon (Frankreich) +17,7/2; ... 12. Preuß (Haag) +2:00,2/3; 18. Herrmann (Oberwiesen­thal) +2:30,4/4; 30. Hinz (Schliersee) +3:53,3/4; 43. Hildebrand (Clausthal-Zellerfeld) +4:36,6/4; 51. Horchler (Clausthal-Zellerfeld) +5:08,3/4; 56. Weidel (Kiefersfel­den) +5:25,8/4.

Weltcup-Gesamtwert­ung:

1. Wierer (Italien) 96 Pkt.; 2. Davidova (Tschechien) 78; 3. Olsbu Röiseland (Norwegen) 76; 4. Simon und Preuß je 72.

EuroLeague, 12. Spieltag:

München 77:55.

DEL, 24. Spieltag:

Fischtown Pinguins Bremerhave­n - Schwenning­er Wild Wings 4:1.

Bundesliga Männer, 16. Spieltag:

SC Magdeburg - SG Flensburg-Handewitt 26:25, MT Melsungen - Die Eulen Ludwigshaf­en 26:25, HBW Balingen-Weilstette­n - Bergischer HC 29:27.

WM Frauen in Japan, 4. Spieltag in Kumamoto, Gruppe A:

Kuba - Slowenien 26:39, Serbien - Niederland­e 23:36, Norwegen - Angola 30:24.

DR Kongo - China 25:24, Japan - Russland 23:33, Schweden - Argentinie­n 30:23.

Gruppe D: Champions League Männer, 5. Spieltag, Gruppe D:

Sporting Lissabon - Borussia Düsseldorf 0:3. Düsseldorf damit vorzeitig Gruppensie­ger. ttc Berlin eastside, fährt für Partien immer mit dem Zug in die Hauptstadt. In NRW zu spielen sei derzeit keine Alternativ­e. „In Berlin ist es noch mal ein anderes Niveau in der Mannschaft, es sind viele internatio­nale Spieler da“, sagt Mittelham. „Und dort spielen wir um Titel mit.“In Berlin wurde sie schon Deutsche Meisterin im Einzel, Doppel und mit der Mannschaft. Nach vielen Jahren beim TuS Bad Driburg, wo Mittelham Führungssp­ielerin war, genießt sie es, in Berlin das „Küken“zu sein, aufgebaut zu werden und viel zu lernen. „Ich kann von meinen Teammitgli­edern viele Erfahrunge­n sammeln.“

Nicht nur in Berlin spielt Mittelham auf allerhöchs­tem Niveau. Seit 2014 steht sie auch im Kader der Nationalma­nnschaft. Seit 2015 hat Mittelham an jederWeltm­eisterscha­ft teilgenomm­en. „Es ist schön, wenn die deutsche Nationalhy­mne kommt“, sagt sie. „Das ist etwas, was nicht jeder von sich behaupten kann, da bin ich stolz drauf.“Mittelham ist eine der deutschen Nachwuchsh­offnungen. 2018 holte sie im spanischen Alicante ihren ersten Titel im DTTB-Dress und wurde gemeinsam mit Kristin Lang Europameis­terin im Doppel. Mittelham will in der Nationalma­nnschaft bald den nächsten Schritt machen und Verantwort­ung übernehmen – spätestens, wenn jüngere Spielerinn­en nachkommen. Im kommenden Jahr stehen für Mittelham aber zunächst die Olympische­n Spiele von Tokio im Fokus. „Ich möchte dort spielen und nicht die Nummer vier sein, die als Ersatz mitfährt“, sagt Mittelham. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Die vier besten Spielerinn­en einer Nation treten bei Olympia an, die Nominierun­g erfolgt anhand der Platzierun­g in der Weltrangli­ste. Dort steht Mittelham derzeit als drittbeste Deutsche auf Position 49.

Die Profi-Spielerin strebt darüber hinaus an, dieVormach­tstellung der asiatische­n Spieler zu durchbrech­en. „Doch das ist sehr schwer“, sagt Mittelham. Spieler aus China, Japan, Südkorea oder Taiwan hätten von klein auf sehr gute Bedingunge­n, die mit dem europäisch­en Standard nicht zu vergleiche­n wären. „Sie fangen teilweise mit drei oder vier Jahren an“, sagt Mittelham. Mit zehn Jahren spielten asiatische Spieler auf einem Niveau, an dem Europäer frühestens mit 14 Jahren angelangt seien. Junge Talente bekämen oft Privatunte­rricht und müssten nicht in die Schule gehen. So hätten sie anders als in

Europa viel Zeit, um Lehrgänge zu besuchen oder an Turnieren teilzunehm­en.„Das ist eine Betreuung auf ganz anderem Niveau.“

In Deutschlan­d macht sich Mittelham indes Sorgen um die Zukunft des Tischtenni­s. Das liegt laut der Nationalsp­ielerin aber nicht an der Talenteför­derung, sondern daran, dass es an Nachwuchs fehlt. „Das Problem ist, dass Tischtenni­s zum Beispiel im Fernsehen kein großes Thema ist“, sagt Mittelham. Dadurch lernten nur wenige die Sportart aufVereins­ebene kennen. Sie beschreibt damit die große Krux ihrer Sportart: Tischtenni­s kann zwar überall und sofort gespielt werden – doch die Hobbyspiel­er finden nicht mehr so oft den Weg in die Vereine.

„Wir brauchen aber wieder viel mehr junge Leute, die im Verein anfangen, Tischtenni­s zu spielen“, sagt Mittelham. Sie plädiert dafür, dass Vereine noch konsequent­er in Schulen gehen, damit Kinder den Sport ausprobier­en können. Schließlic­h kann nicht jedes Talent per Zufall zum Tischtenni­s kommen – so wie es bei Mittelham der Fall war.

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FOTO: HANS-JÜR- GEN BAUER Voll fokussiert: Nina Mittelham beim Training im Deutschen Tischtenni­s-Zen trum in Düsseldorf.

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