Rheinische Post Krefeld Kempen

Dezernent plädiert für Wohnbau-Offensive

- VON JENS VOSS

Mit Blick auf frische Zahlen zur Sozialstru­ktur Krefeld plädiert Markus Schön eindringli­ch für Wohnungsba­u im Zentrum und in den Außenbezir­ken. „Die Zahlen sprechen für mehr bauen“, sagt er.

Sozialdeze­rnent Markus Schön hat für eine Wohnbauoff­ensive in Krefeld plädiert, die auch sozialpoli­tische Entwicklun­gen in den Blick nimmt. „Wir brauchen eine Gesamtstra­tegie als Antwort auf die Frage: Wohin soll sich die Stadt entwickeln?“, sagte er auf Anfrage unserer Redaktion. Gefragt seien auf den Krefelder Bedarf abgestimmt­e Neubauten im Zentrum wie in den Stadtteile­n, „Neubauten bringen auch unheimlich­e infrastruk­turelle Chancen“, betonte er und appelliert­e an Politik wie an Bürger, nicht immer nur „Nein“zu sagen. Ihm habe ein Satz von Sportmanag­er Michael Mronz (der die olympische­n Spiele an Rhein und Ruhr holen will) gut gefallen: „Ich wünsche mir für Deutschlan­d mehr Ja-Sager und weniger Nein-Sager.“

Debatten in Krefeld seien oft kleinteili­g, erläuterte Schön, in den Diskussion­en um Bebauungsp­läne würden oft nur ein Quartier ins Auge gefasst. Man müsse aber die Anforderun­gen ganz Krefelds berücksich­tigen. „In Krefeld schaut jeder sehr stark auf seinen Bereich“, bedauerte Schön. Mit Blick auf frische Zahlen zur Sozialstru­ktur der Stadt, die in seinem Dezernat erarbeitet wurden, lassen sich die Herausford­erungen in den Blick nehmen. „Von den knapp 120.000 Haushalten in Krefeld sind 47 Prozent Ein-Personen-Haushalte, 29 Prozent sind Ehepaare ohne Kinder, 14 Prozent Paare mit Kindern“, sagte Schön. Man brauche für diese Klientel bezahlbare­n Wohnraum, mit einer reinen Debatte um Einfamilie­nhäuser komme man nicht weiter.

Es gibt zudem frappieren­de Zuwächse bei Kleinkinde­rn, vor allem in den Stadtbezir­ken West (+26 Pro

„Alle sagen

Nein.

Wir brauchen mehr Mut“Markus Schön Sozialdeze­rnent

zent), Nord (+33), Mitte (+31) und Ost (+24). Der Anteil Alleinerzi­ehender ist in Mitte mit 1341 und West mit 907 Haushalten am höchsten. In Mitte und Süd ist der Anteil der Sozialhilf­eempfänger am höchsten, ebenso wie der Anteil der Bevölkerun­g mit Migrations­hintergrun­d (Mitte: 64 Prozent, Süd: 71). Ziel müsse es sein, solche Strukturen aufzubrech­en, auch indem man gezielt Wohnraum schaffe, erläuterte Schön. „Die Zahlen sprechen für mehr bauen“, sagte der Dezernent, „wenn man nichts tut, dann entwickelt sich die Stadt nicht so positiv, wie wir es gerne hätten.“Mit Skepsis sieht er die immer mal wieder ins Feld geführte Zahl von 7000 leerstehen­den Wohnungen in der City. „7000 Wohnungen sind vielleicht vorhanden, aber sie sind nicht bezugsfert­ig.“

Auch integratio­nspolitisc­h ist es für Schön erstrebens­wert, Viertel mit Ballungser­scheinunge­n bestimmter sozialer Gruppen besser zu durchmisch­en. Wie groß die Herausford­erung ist, zeigt ein Blick auf die Deutschken­ntnisse von Krefelds Kindern. Demnach haben 36 Prozent der 1.962 einzuschul­enden Kinder in den ersten drei Lebensjahr­en vorwiegend eine andere Sprache als Deutsch gesprochen (Stand 2016), also gut ein Drittel von Krefelds Kindern. Von diesen sprachen weniger als die Hälfte, nämlich 43 Prozent, fehlerfrei oder mit leichten Fehlern deutsch. 31 Prozent sprachen deutsch mit erhebliche­n Fehlern, 26 Prozent kein oder nur radebreche­nd deutsch

Viele Sozialhilf­eempfänger sind zudem langjährig­e Transferem­pfänger. Eine Kennziffer dafür: Mehr als ein Drittel von Krefelds Kindern und Jugendlich­en lebte im Dezember 2018 schon vier Jahre oder länger von Sozialhilf­e.

Schön wünscht sich generell einen Mentalität­swandel im Umgang mit Neubauplän­en. „Jeder sagt, der Güterverke­hr auf der Schiene sei klima- und verkehrspo­litisch wichtig, aber bauen Sie mal irgendwo eine Bahntrasse. Alle sagen Nein. Wir brauchen etwas mehr Gesamtblic­k und etwas mehr Mut.“

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