Rheinische Post Krefeld Kempen
Künstler-Star Oehlen zeigt seine Wurzeln
Die Kunsthalle in Düsseldorf zeigt Arbeiten des Krefelder Künstlers Albert Oehlen. Seine Baummotive sind mit denen des US-Stars Carrol Dunham im Dialog. Oehlen hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Superstar der Kunstszene entwickelt.
Bäume wachsen bisweilen durchaus in den Himmel – etwa die des Krefelder Künstlers Albert Oehlen. Der 65-Jährige zählt zu den international erfolgreichsten Vertretern des Kunstmarktes. Seine Werke wechseln für Rekordpreise die Besitzer. Oehlen zählt zu den 100 umsatzstärksten Malern der Welt. Seine Anfänge liegen in Krefeld und in Düsseldorf, wo er an der Staatlichen Kunstakademie studiert hat. In der Landeshauptstadt faszinierte ihn der Punk. No future.
Oehlens Karriere hat seitdem stetig an Fahrt gewonnen, der Protagonist sich mehrfach neu erfunden. Die Kunsthalle in Düsseldorf aktuell und im kommenden Jahr das Sprengel Museum Hannover rücken eine Episode aus den 1980-er Jahren in den Fokus – die Baumbilder. Dabei sind die kräftigen Gewächse für Oehlen ein Verhikel, um die Diskussion über Abstraktes und Gegenständliches zu beleben. „Die Baumzeichnungen von Albert Oehlen illustrieren den Punkt, in dem der Gegensatz zwischen konkret und abstrakt aufgelöst scheint“, schreibt der Kunstkritiker Martin Prinzhorn. Die Form eines Baumes unterliege gewissermaßen einer strikten visuellen Grammatik, schon Kinder verstünden den Übergang vom dicken Stamm zu dünneren Ästen und dann immer weiter zu noch düsteren Ästen, berichtet er. Oehlens Bäume seien dementsprechend entwurzelt und nirgends verankert. Die Symmetrie sei vollständig und die Entwurzelung bedeute in diesem Fall auch, dass offen gelassen werde, ob der Ausgangspunkt im Konkreten oder im Abstrakten liege, urteilt Prinzhorn.
Oehlen stellt in Düsseldorf gemeinsam mit dem Amerikaner Carroll Dunham aus. Die weltweit renommierten und gerade für eine jüngere Generation von Künstlern enorm einflussreichen Maler präsentieren ihre Arbeiten erstmals gemeinsam. Beide Künstler kennzeichnet ein äußerst eigenständiges und komplexes OEuvre. Exakt zu dem Zeitpunkt, an dem Albert Oehlen Ende der 1980-er Jahre von figurativem „Bad Painting“in die
Die Ausstellung wird auch in Hannover zu sehen sein Zur Ausstellung in der Kunsthalle Düsseldorf am Grabbeplatz, die bis 1. März 2020 zu sehen ist, wird ein Katalog im Verlag der Buchhandlung Walther König (Köln) erscheinen. Zweite Station der Ausstellung ist von Juni bis August 2020 das Sprengel Museum Hannover.
Abstraktion steuert, geht Carroll Dunham einen entgegengesetzten Weg und entwickelt nach organisch abstrakten Anfängen eine surreal anmutende Figuration, in der verschiedene Charaktere ganze Werkblöcke prägen, die wiederum mit fast konzeptueller Strenge aufeinander aufbauen.
Während Dunham ab Anfang der 1990-er Jahre eine Hut tragende Figur mit Phallus-Nase in sein Werk einführt, die Jahre später von weiblichen „Badenden“mit zum Teil grotesk überzeichneten Geschlechtsorganen verdrängt werden, proklamiert Oehlen seine „post-ungegenständliche“Malerei und arbeitet als einer der ersten Künstler mit digitalen Techniken.
Beiden ist gemein, dass sie innerhalb selbst gesteckter Parameter immer wieder die Möglichkeiten der Malerei testen, dass sie unermüdlich Zeichen setzen und Spuren verwischen und dabei in ungemein eigenständiger Weise mit Techniken, Oberflächen und Strukturen experimentieren. Nirgends wird dies deutlicher als bei dem gemeinsamen Sujet der Bäume, das beide Künstler mehrfach in ihremWerk aufgenommen und für sich ausformuliert haben. Während Bäume bei Albert Oehlen blattlos kahl mitsamt Wurzeln den Bildraum dominieren und zum figurativen Anstoß abstrakter Bilder werden, ist der Baum bei Carroll Dunham mal blühend, mal vom Wind gepeitscht, dann wieder frisch gefällt und tot zu sehen.
In der Zusammenführung von Dunham und Oehlen, die im jeweiligen Kollegen den „wahrscheinlich besten Baum-Maler derWelt“sehen, lassen sich ausgehend vom Sujet des Baumes unzählige philosophische, theologische, soziologische, ökologische und natürlich kunsthistorische Betrachtungen ableiten. Vom biblischen Baum der Erkenntnis und damit dem Ort des ersten Sündenfalls bis zum Lieblingsmotiv der Romantiker, von der radikal-modernistischen Fragmentierung durch Piet Mondrian bis zur Pflanzung der 7000 Eichen durch Joseph Beuys für die Documenta in Kassel – der Baum ist immer wieder ein zentrales Motiv der Religions-, Geistes- und Kulturgeschichte.