Rheinische Post Krefeld Kempen

Poller für den Schutz der Natur

- VON BIANCA TREFFER

Ein Stück Geschichte hat in Tönisberg Schutz erhalten. Der Hohlweg auf dem Wartsberg ist durch zwei Poller vor dem Autoverkeh­r geschützt worden. Dafür hat sich die Nabu-Ortsgruppe Kempen über Jahre eingesetzt hat

Es sind nur zwei rot-weiße eckige Poller, aber sie lassen die Augen von Peter Kunz und Michael Coenen strahlen.„Autofahrer haben jetzt keine Möglichkei­t mehr, diesen Hohlweg zwischen Kirchweg und Windmühlen­weg als Abkürzung zu fahren.Wir hoffen zudem, dass nun auch die Müllablage­rungen aufhören“, sagt Kunz. Dabei klopft der Leiter der Ortsgruppe Kempen im Naturschut­zbund Nabu auf den Poller, der unübersehb­ar in der Mitte vom Kirchweg, ein Stückchen hinter der Kleingarte­nanlage amWartsber­g, im Boden steht.

Bislang schien es sehr beliebt zu sein, mit dem Auto in den Hohlweg einzufahre­n und dort Müll abzukippen.„Wir haben hier alles gefunden, von der komplett entsorgten Badezimmer-Einrichtun­g bis hin zu Kühlschrän­ken“, erzählt Kunz. Der ganze Schwung von Autoreifen samt einigen Plastikeim­ern, die derzeit noch in der Kuhle zwischen den beiden spitzwinkl­ig aufeinande­r zulaufende­n Wegen liegt, spricht eine eindeutige Sprache. „Das müssen wir bei einer der nächsten Aufräumakt­ion vom Nabu noch heraushole­n“, sagt Coenen, der stellvertr­etender Leiter der Kempener Nabu-Ortsgruppe ist.

Zusammen mit Kunz hat er sich auf einen Spaziergan­g gemacht, der Geschichte pur darstellt. Der Schaephyse­ner Höhenzug, auf dem sich die beiden Hohlwege befinden, stammt noch aus der letzten Saale-Eiszeit vor 300.000 Jahren. Die Hohlwege selber sind ein Produkt des über Jahrhunder­te ablaufende­n Regenwasse­rs. Sie haben sich dabei zu ganz besonderen Lebensräum­en entwickelt, die absolut schützensw­ert sind. Der breitere Hohlweg hat zudem auch eine kulturhist­orische Bedeutung für Tönisberg. Er war bis 1529 der Kirchweg. Auf ihm gingen die Tönisberge­r Katholiken zur Kirche nach Aldekerk, da Tönisberg selbst damals keine eigene Kirche hatte.

Die Füße von Kunz und Coenen rascheln durchs Laub, das den Boden des Hohlweges bedeckt. Vogelgezwi­tscher ist zu hören. Es geht sich wie in einer kleinen Schlucht. Rechts und links ragt die Erde mit ihren Bepflanzun­gen hoch. Efeu, Farne, Ginster, Hagebutten­sträucher und Brombeerra­nken ziehen sich über die Fläche. Der Blick fällt in dasWurzelw­erk von Bäumen, die schon etliche Jahrzehnte alt sind. Kleine Höhlen und Eingänge verdeutlic­hen, dass es hier tierische Bewohner gibt. Geholzbest­andende Krautsäume wechseln sich mit unbewachse­nen Abbruchkan­ten ab. „Das sorgt gerade für die Vielfalt von Tieren. Hier finden wir zahlreiche Insekten. Eidechsen und Blindschle­ichen fühlen sich hier genauso wohl wie Vögel, Fledermäus­e, Igel, Feldspitzm­äuse und Feldhasen“, informiert Kunz.

Wer in der Dämmerung oder den frühen Morgenstun­den unterwegs ist, der kann mit etwas Glück auf Rehe oder einen Fuchs stoßen. Auch Kröten sind in der Zeit ihrer Wanderung auf dem Hohlweg anzutreffe­n. Sie sind in Richtung des Niedermoor­s am Ende des schmaleren Hohlweges unterwegs. Vor dem Hintergrun­d der Artenvielf­alt, durch die sich die beiden Hohlwege auszeichne­n, freut es die Nabu- Ortsgruppe umso mehr, dass ihre Bemühungen, den Weg zu schützen – unterstütz­t vom Quartierma­nagement Wartsberg – nun von einem ersten Erfolg gekrönt worden sind.

Der beim Tiefbau- und Ordnungsam­t der Stadt Kempen gestellte Antrag fand nach zwei Jahren stetiger Bemühungen endlich Gehör. Unter Einbeziehu­ng der Landwirte wurden die beiden Poller am Anfang und am Ende des breiteren Hohlweges gesetzt. Wobei die Landwirte einen Schlüssel für die Absperrpfo­sten haben, um gegebenenf­alls über ein Stück desWeges ihre Felder zu erreichen. Fußgänger und Radfahrer können die beiden Hohlwege problemlos nutzen.

Der Nabu hofft, dass die Bürger die Schönheit und die wichtige ökologisch­e Aufgabe der zwei Hohlwege schätzen, sich dementspre­chend verhalten und den wichtigen Lebensraum so mitschütze­n. „Wir befinden uns derzeit in Gesprächen mit einem Landwirt, der Felder direkt neben dem Hohlweg bewirtscha­ftet. Wir würden gerne auf einem schmalen Streifen der Ackerfläch­e entlang der äußeren Begrenzung des Hohlweges einen Blühstreif­en anlegen“, berichtet Kunz.

Ein weiteres Projekt betrifft den Broichweg in St. Hubert. Dort befindet sich die größte Mehlschwal­benkolonie von Kempen. Die Ortsgruppe wird dort noch in diesem Jahr Schwalbenk­otbretter anbringen.

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FOTO: WOLFGANG KAISER Die beiden Naturschüt­zer Peter Kunz (links) und Michael Coenen sind froh, dass der historisch­e Hohlweg am Wartsberg in Tönisberg für Autofahrer nun mit Pollern abgesperrt ist.

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