Rheinische Post Krefeld Kempen
Von Putins Gnaden
ANALYSE
Es läuft nicht gut fürWolodymyr Selenskyj. Der ukrainische Präsident, der im Frühjahr im Eiltempo vom TV-Komiker zum Staatsoberhaupt aufstieg, müht sich mittlerweile erkennbar abgekämpft durch die steinige Ebene der Weltpolitik. Vor allem ist da die Ukraine-Affäre in den USA, die Selenskyj international in Verruf zu bringen droht. Korruption, lautet das Schlagwort. Dabei habe er mit US-Präsident Donald Trump, der Ermittlungen gegen seinen Rivalen, den Demokraten Joe Biden, verlangt hatte, nie nach der Devise gesprochen:„Du gibst mir dies, ich gebe dir das.“So rede er nur mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, beteuerte Selenskyj, aber nicht mit Trump.
Die Frage ist nur, warum Putin bereit sein sollte, dem jungen ukrainischen Kollegen überhaupt etwas zu geben. Zum Beispiel einen Frieden in der Ostukraine. Seit bald sechs Jahren führen dort separatistische Milizen, die ihre Befehle aus Moskau erhalten, Krieg gegen die ukrainische Armee. Mehr als 13.000 Menschen starben bislang. Selenskyj hatte seinen Landsleuten bei seinem Amtsantritt im Mai versprochen, das Töten in der Donbass-Region so schnell wie möglich zu beenden und in einem weiteren Schritt Frieden zu schaffen. Mit Putin. Doch wie soll das gehen?
Genau das soll sich zeigen, wenn sich die beiden Präsidenten am Montag in Paris zum ersten Mal persönlich treffen. Als Vermittler sitzen der französische Staatschef Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel mit am Tisch. Viel zu vermitteln scheint es allerdings nicht zu geben. „Auf der russischen Seite fehlt der politische Wille, den Status quo zu ändern“, erklärt Susan Stewart, Osteuropa-Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Die andauernde Instabilität in der Region sei für Putin der ideale He
Vielleicht haben Sie sich auch schon gewundert: In den vergangenen Monaten ist in sozialen Netzwerken der Werbewahnsinn ausgebrochen. Viele Nutzer kennzeichnen ihre Bilder und Videos mit den Begriffen „Anzeige“oder „Werbung“, nur weil sie Produkte, Marken oder andere Personen erwähnen – auch wenn es sich nicht um Werbung im klassischen Sinne handelt. Schuld daran sind Gerichtsentscheidungen. Normalerweise gilt etwas als Werbung, wenn die nennende Person
Geld oder einen anderen Gegenwert erhält. Doch der Verband Sozialer Wettbewerb sieht es auch als Werbung an, wenn eine Person mit gröbel, um seinen Einfluss im postsowjetischen Raum zu sichern oder sogar auszubauen.
Tatsächlich ist eine weitere Annäherung der Ukraine an die EU oder gar an die Nato nur bei einer dauerhaften Lösung des Donbass-Konflikts denkbar. Und dann ist da ja, zumindest theoretisch, noch die Krim, die Russland 2014 militärisch erobert und völkerrechtswidrig annektiert hat. Oder könnte Selenskyj den Kremlchef womöglich mit Zugeständnissen in der Krim-Frage locken und auf diese Weise einen Friedensdeal für den Donbass aushandeln? „Ausgeschlossen“, heißt es in ukrainischen Regierungskreisen, wo man sich hinter vorgehaltener Hand inzwischen grundpessimistisch zu dem Treffen in Paris äußert: „Nichts wird dabei heraus
Seit dem Vertrag von Minsk zeigt sich immer wieder, dass Nehmen im Ukraine-Konflikt seliger ist als Geben
kommen.“
Da ist selbst die skeptische Susan Stewart optimistischer.„Etwas mehr als zuletzt“werde man schon vereinbaren. Schließlich habe man sich bereits auf die Grundzüge eines gemeinsamen Dokuments verständigt. Ein weiterer Gefangenenaustausch gilt demnach als ausgemachte Sache. Außerdem wird man sich wohl auf eine stärkere Entflechtung der Truppen im Donbass einigen. Vertrauensbildende Maßnahmen dieser Art hatte es bereits in den vergangenen Monaten gegeben. Aber in Paris sollte es eigentlich um viel mehr gehen. Um Frieden eben.
Dafür jedoch bräuchte es eine dauerhafte Lösung, wie sie im Minsker Abkommen von 2015 vorgezeichnet ist, frei nach der Devise: Du gibst mir dies, ich gebe dir das. Die kremltreuen Separatisten würden die Möglichkeit erhalten, in Wahlen echte Gestaltungsmacht in einem autonomen Donbass zu erlangen. Dafür bekäme die Ukraine die hoheitliche und militärische Kontrolle über das Gebiet zurück. Doch seit dem Vertragsschluss von Minsk hat sich wieder und wieder gezeigt, dass Nehmen in dem Konflikt seliger ist als Geben. Auf beiden Seiten.