Rheinische Post Krefeld Kempen
Das Geschäft mit den „Goldenen Visa“
Für eine Investition in Immobilien bekommt man eine griechische Aufenthaltsgenehmigung – und damit Zutritt zum Schengen-Raum. Die Praxis ist hoch umstritten, weil sie Geldwäsche und Steuerhinterziehung begünstigt.
Gleich nach der Ankunft werden die Gäste umworben.„Get your residence in Greece“, („Besorgen Sie sich Ihren Wohnsitz in Griechenland“), locken große Plakate an der Gepäckausgabe des Athener Flughafens Eleftherios Venizelos. Die Werbung richtet sich vor allem an Besucher aus Nicht-EU-Staaten wie China, Russland und dem Nahen Osten. Wer in Griechenland investiert, bekommt eine Aufenthaltsgenehmigung. Das Geschäft blüht: Bereits rund 18.000 Ausländer aus Drittländern haben die begehrten Aufenthaltstitel bekommen.
Wer in Griechenland einige 100.000 Euro in eine Immobilie investiert, bekommt ein„GoldenesVisum“. Es berechtigt nicht nur zum Aufenthalt, sondern auch zu Reisen in alle Länder des Schengen-Raums. Die Nachfrage nach denVisa wächst – aber auch die Kritik an diesen Programmen.
2013, mitten in der Schuldenkrise, legte die griechische Regierung das Programm auf, um dringend benötigtes Kapital ins Land zu locken und den darbenden Immobilienmarkt zu beleben. Wer mindestens 250.000 Euro in den Kauf eines Grundstücks, einer Wohnung oder eines Büros investiert, bekommt das „Goldene Visum“als eine Art Prämie. Es berechtigt zum fünfjährigen Aufenthalt in Griechenland – mit der Möglichkeit, immer wieder verlängert zu werden. Mit dem Papier kann der Inhaber auch in die anderen 25 Schengen-Staaten reisen, von Finnland im hohen Norden bis nach Spanien im Süden.
Der Anfang verlief schleppend. Im ersten Jahr meldeten sich nur 364 Investoren. Doch seit 2014 verdoppeln sich die Zahlen fast jedes Jahr. Bis Ende November 2019 stellte Griechenland bereits 6044 ausländischen Investoren ein Schengen-Visum aus. Rechnet man die Familienangehörigen hinzu, summiert sich die Zahl der vergebenen Aufenthaltstitel sogar auf 17.767.
An der Spitze liegen Chinesen mit rund 12.300 Visa, gefolgt von Türken mit 1307 und Russen mit 1020. Bisher dürfte das Programm Investitionen von mindestens 1,5 Milliarden Euro angelockt haben. Jetzt erweitert Griechenland den Kreis der Berechtigten: Auch wer mindestens 400.000 Euro in Aktien griechischer Unternehmen oder griechische Staatsanleihen investiert, hat künftig Anspruch auf ein Schengen-Visum.
Etwa 20 EU-Staaten bieten ähnliche Programme an. Drei – Zypern, Malta und Bulgarien – verkaufen sogar Staatsbürgerschaften. Aber die Praxis ist zunehmend umstritten – vor allem, weil sie Geldwäsche und Steuerhinterziehung begünstigt. Korruptionsbekämpfer kritisieren, dass die Herkunft der investierten Gelder und die Vergangenheit der Investoren nicht genau genug geprüft werden. Der grüne Europa-Abgeordnete Sven Giegold sagt: „EU-Pässe und Visa sind keine Ware. Geld darf nicht das Kriterium für Bürger- und Aufenthaltsrechte in der EU sein.“Giegold fordert deshalb ein Verbot der Programme.
Auch die Brüsseler Kommission sieht in den Programmen eine Gefahr für die Sicherheit Europas. Aber ihr sind die Hände gebunden, denn dieVergabe vonVisa und Staatsbürgerschaften fällt in die Kompetenz der einzelnen Mitgliedstaaten.
Wie fragwürdig das ist, zeigt das Beispiel Zypern. Dort musste die Regierung gerade 26 kürzlich vergebene Staatsbürgerschaften wieder einkassieren. Betroffen sind unter anderem ein kenianischer Investor, gegen den in seiner Heimat wegen Schmuggel und Steuerhinterziehung ermittelt wird, ein Chinese, der mit gefälschten Goldbarren gehandelt haben soll, und ein Malaysier, dem vorgeworfen wird, Milliarden aus einem Staatsfonds abgezweigt zu haben. Die zyprische Regierung räumt inzwischen ein, bei der Vergabe der Staatsbürgerschaften Fehler gemacht zu haben. Nachdem im vergangenen Jahr 1013 Investoren eingebürgert wurden, will die Inselrepublik jetzt genauer prüfen und die Vergabe der „Goldenen Pässe“auf maximal 700 im Jahr deckeln.
Auch die griechische Regierung erwog, künftig nicht nur Aufenthaltstitel, sondern auch Staatsbürgerschaften an Investoren aus Drittländern zu verkaufen. Nach den jüngsten Erfahrungen in Zypern hat man davon aber erst einmal Abstand genommen.