Rheinische Post Krefeld Kempen
Borussia muss sich clever verkaufen
Die Fußball-Bundesliga spielt sich heutzutage mehr denn je auf zwei Schauplätzen ab. Zum einen geht es allwöchenendlich in den 90 Minuten auf dem Rasen um sportlichen Erfolg. Zum anderen aber geht es inzwischen mindestens genauso umtriebig zwischen den Spielen um die öffentliche Deutungshoheit. Und so gerät für die Borussia aus Mönchengladbach nach dem famosen 2:1 über den FC Bayern München zunehmend eine Aufgabe in den Fokus: Wie gehe ich als Verein adäquat und clever mit der von der Öffentlichkeit herangetragenen Gretchenfrage um. Wie hältst du es mit der Meisterschaft? Es ist eine Herausforderung, für die es gerüstet zu sein gilt.
Borussia tut gut daran, den eingeschlagenen Weg der Außendarstellung beizubehalten. Fast schon schamhaft zu vermeiden, das Wort „Meisterschaft“in den Mund zu nehmen und gleichzeitig jugendlich keck kundzutun, jeder könne ja sehen, „wo wir hinwollen“, wie Trainer Marco Rose es formulierte – das passt. Das wirkt stimmig. Denn die Gladbacher müssen die Welle des erfrischenden Underdogs im seit Jahren so gescriptet erscheinenden Titelrennen möglichst lange auskosten, müssen weiter den sympathischen Überflieger geben, der selbst ein bisschen überrascht ist, wie gut er ist. Sie dürfen eben auf keinen Fall erste Anzeichen von Großmannssucht an den Tag legen, denn die Geschichte vom dann doch tief gefallenen Überflieger ist im Sport fast genauso beliebt wie die des Außenseiters, der tatsächlich durchkommt.
Vor allem aber muss Borussia darauf achten, dass Marco Rose bei allem Erfolg kein Heiligenschein verliehen wird. „Lebensbejahenden Fußball“lasse er spielen, schwärmte ein TV-Kommentator am Samstag. Das klang wie die Vorstufe zu: Über Wasser laufen kann er auch. Da mit Demut gegenzusteuern, ist der einzig sinnvolle Weg. Und ein cleverer.