Rheinische Post Krefeld Kempen
Lösung für Tauben-Problem in Sicht
Ein Verein kümmert sich seit knapp einem Jahr um die Tauben in Krefeld. Die Mitglieder setzen sich für Taubenschläge in der Innenstadt ein und sind in Gesprächen mit der Stadt. In Uerdingen gibt es bereits den ersten Schlag.
Geschätzt 500 Tauben leben in der Krefelder Innenstadt. 200 davon finden sich regelmäßig rund um den Neumarkt ein. Dort picken sie die Reste der Nahrung auf, die Menschen fallen lassen, suchen nach Weggeworfenem und werden zudem von manchen Krefeldern trotz Verbot gefüttert. Die schlechte Ernährung sieht man den Tieren an. Häufig sind sie ungepflegt, struppig oder verletzt. Ihr schmieriger, weißlicher Kot verschmutzt Gehwege und Gebäude.
„Ja, die Tauben in der Stadt sind ein Problem“, bestätigt auf Anfrage die Stadt Krefeld. Vor allem das Füttern der Tiere sei ein Ärgernis. „Dabei handelt es sich hier um eine Ordnungswidrigkeit gemäß des Ortsrechts. Hier heißt es im Punkt 3.00 (Sicherheit und Ordnung, Ordnungsbehördlichen Verordnung über die öffentliche Sicherheit und Ordnung auf den Verkehrsflächen und Anlagen in der Stadt Krefeld) Paragraph 4 (Stadthygiene / Abfälle/ Wild-, Wasservögel-, Fisch- und Taubenfütterungsverbot) Punkt 7: ,Wildtauben und verwilderte Haustauben sowie Wild- und Wasservögel und Fische dürfen nicht gefüttert werden.’ Der Bußgeld-Katalog sieht Strafen von 50 bis 1000 Euro vor“, erklärt Stadtsprecher Manuel Kölker.
Auch aus Tierschutz-Sicht ist die Situation der Tauben in der Innenstadt ein Problem. „Aus der Not heraus fressen die Tiere Abfälle, die krank machen. Der schmierige Kot ist ein Anzeichen dafür. Tauben, die artgerecht ernährt werden, haben einen harten, trockenen Kot. Auch Brot schadet den Tieren“, sagt Anna Luisa Schulz. Sie ist die erste Vorsitzende desVereins„Stadttauben Krefeld“, den es im Januar seit einem Jahr gibt. Ziel des neu gegründeten Vereins ist es, das Miteinander von Mensch und Taube in Krefeld zu verbessern und mit Vorurteilen aufzuräumen.
„Es hält sich hartnäckig das Gerücht, das Tauben Krankheiten übertragen, die gefährlich für den Menschen sind. Das ist schon seit Jahren wissenschaftlich widerlegt. Tauben sind nicht gefährlicher als andere, frei lebende Tiere“, erklärt die 27-Jährige. Das bestätigen Untersuchungen der Stadt. „Tests der Stadtverwaltung haben ergeben, dass die Krefelder Stadttauben keine gesundheitliche Gefahr darstellen, auch wenn grundsätzlich eine Gefahr besteht“, sagt Kölker.
Ein großes Problem ist das Brutverhalten der domestizierten Vögel. Bis zu fünf Mal legen Stadttauben im Jahr Eier, Wildtauben dagegen brüten lediglich zweimal im Jahr. „Das häufige Brüten ist vom Menschen gewollt und angezüchtet worden.
Stadttauben sind vielfach entflogene Brief- und Zuchttauben, die ein entsprechendes Verhalten zeigen. Sie sind es gewohnt, unter schwierigsten Bedingungen zu brüten“, erklärt Alica Rebecca Gebel, zweite Vorsitzende des Vereins.
In Gesprächen mit der Stadt versuchen die Vereinsmitglieder das Tauben-Problem in Krefeld zu lösen, das zurzeit vor allem durch die Ansiedlung von Falken angegangen wird. Stadtsprecher Kölker berichtet: „Mit dem NABU werden zum Beispiel weitere Nistplätze für Falken eingerichtet, bislang gibt es davon zwei (Friedenskirche und Alte Kirche). Die Falken sollen die Tauben vergrämen.“Die Falken, so die Erfahrung der Tauben-Freunde, seien jedoch meist nur eine kurzfristige Lösung. „Dadurch werden zwar Tiere verjagt und auch mal Tauben geschlagen, diese werden aber schnell durch andere Tiere ersetzt, die sich neu ansiedeln“, sagt Anna Luisa Schulz.
Die Vereinsmitglieder setzen deswegen auf das „Augsburger Modell“, das in vielen Krefelder Nachbarstädten wie Moers, Düsseldorf oder Neuss bereits praktiziert werde. Kernpunkt des Ansatzes ist die Standorttreue der Vögel, die bevorzugt im Umkreis ihrer Nester bleiben. Es werden folglich an Stellen,
an denen sich Tauben gerne aufhalten, Taubenhäuser, -schläge oder -türme aufgestellt. In diesen „Verstecken“können die Tiere ungestört brüten und werden mit artgerechtem Futter versorgt. „Der Vorteil ist auch, dass man in einem solchen Haus die Eier gegen Gipseier austauschen kann und somit die Population viel besser im Griff hat und sie sogar auf Dauer reduzieren kann“, erklären Schulz und Gebel.
Die Stadt sei der Idee gegenüber sehr aufgeschlossen. In der Innenstadt sind aus Sicht der Expertinnen drei so genannte Tauben-Hotspots sinnvoll, gelegen am Hauptbahnhof, am Neumarkt und an der Rheinstra
ße. In Frage kommen dafür öffentliche Gebäude, aber auch eigens angelegte Schläge auf Parkdecks oder in anderen geschützten Bereichen.
Rund 7000 Euro würde ein Taubenhaus inklusive Erstausstattung kosten. Für den Unterhalt und die laufenden Kosten käme der Verein auf, der sich schon jetzt um rund 100 kranke Tiere in seiner privaten Volière kümmert. Außerdem betreuen die Mitglieder einen Schlag auf dem Gelände eines großen Unternehmens in Uerdingen. Mit Erfolg. Die Tiere haben, so die Einschätzung der Expertinnen, die neue Unterkunft bisher sehr gut angenommen, sehen gesünder und gepflegter aus.