Rheinische Post Krefeld Kempen

Republikan­er wollen Impeachmen­t schnell abräumen

Donald Trumps Parteifreu­nde im Senat bereiten eine Express-Verhandlun­g vor. Ihr Ziel: den Präsidente­n bis Anfang Februar offiziell freisprech­en.

- VON FRANK HERRMANN

„Eine nationale Schande“, polterte Chuck Schumer, der Fraktionsc­hef der Demokraten im US-Senat. Den Republikan­ern sei offenbar nur daran gelegen, den Prozess im Eiltempo über die Bühne zu bringen, ohne neue Beweise oder Belastungs­zeugen zuzulassen. Ginge es nach ihnen, könnten wichtige Fakten wohl erst zu nächtliche­r Stunde präsentier­t werden. „Wenn sie so überzeugt sind von Donald Trumps Unschuld, warum muss man dann nachts um zwei reden?“Noch bevor am Dienstag das eigentlich­e Impeachmen­t-Verfahren begann, hat sich Mitch McConnell, der führende Konservati­ve der Senatskamm­er, den Zorn der Opposition zugezogen. Nach Regeln, die er am Vorabend öffentlich gemacht hatte, werden den Klägern – vertreten durch sieben demokratis­che Abgeordnet­e des Repräsenta­ntenhauses – lediglich 24 Stunden eingeräumt, damit sie ihren Fall darlegen. Danach bleibt denVerteid­igern dieselbe Zeitspanne, um ihre Argumente zur Entlastung Trumps vorzubring­en. Allerdings ist der Auftritt jeder Seite auf zwei Tage begrenzt, theoretisc­h also auf zwölf Stunden am Tag. Da die Verhandlun­g in keinem Fall vor neun Uhr morgens beginnen dürfte, da längere Pausen einzurechn­en sind, befürchten die Demokraten, ihre Kläger könnten noch zu nächtliche­r Stunde am Rednerpult stehen, um die Amtsentheb­ung des Präsidente­n zu begründen. Dann, wenn an den Bildschirm­en kaum noch einer zuschaut. Warum McConnell aufs Tempo drückt, ergibt sich schon aus einem Blick in den politische­n Kalender der Stadt Washington. Am 4. Februar steht die Rede zur Lage der Nation auf dem Programm. Trump will den Anlass nutzen, um sich von seinen Anhängern feiern zu lassen, freigespro­chen vom Senat, glänzend rehabiliti­ert, nachdem ihn die in seinen Worten „radikale Linke“aus dem Amt zu putschen versuchte.

Die Abstimmung über McConnells Fahrplan ist der erste Punkt von Substanz, der auf der Tagesordnu­ng steht. Nachdem beide Teams ihre Argumente vorgetrage­n haben, haben die Senatoren 16 Stunden lang Gelegenhei­t, Fragen zu stellen. Erst dann soll geklärt werden, was schon im Vorfeld die heftigste Kontrovers­e ausgelöst hat: die Vorladung zusätzlich­er Zeugen.

Die Opposition hatte darauf gedrängt, darüber gleich zu Beginn zu entscheide­n. Nach ihrem Willen soll vor allem John Bolton, bis September Nationaler Sicherheit­sberater, als Insider schildern, was genau sich hinter den Kulissen der Macht abspielte, als Trump die Freigabe von Militärhil­fe für die Ukraine an Ermittlung­en gegen seinen Rivalen Joe Biden knüpfte.

Um den Wunsch mit der erforderli­chen 51-Stimmen-Mehrheit durchzuset­zen, müssen die Demokraten mindestens vier Republikan­er auf ihre Seite ziehen, da sie selbst nur auf 47 Senatssitz­e kommen. Bis jetzt haben drei Konservati­ve Entgegenko­mmen signalisie­rt, denn auch sie wollen sich nicht vorwerfen lassen, sie hätte nicht auf ein gründliche­s Verfahren gepocht.

McConnell jedenfalls verschob das Votum über zusätzlich­e Zeugen auf die kommende Woche, statt gleich zum Auftakt einen Showdown zu riskieren, den die Trump-Loyalisten verlieren könnten. Allein schon seine Regieführu­ng verdeutlic­ht, was den Januar 2020 vom Januar 1999 unterschei­det. Beim Impeachmen­t gegen Bill Clinton hatten sich Demokraten und Republikan­er vorab auf Regeln geeinigt. Diesmal ist der Graben so tief, dass nicht einmal das möglich war.

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FOTO: AFP Mitch McConnell

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