Rheinische Post Krefeld Kempen

Bootsflüch­tlinge weiter willkommen

Nach der Kritik von NRW-Innenminis­ter Joachim Stamp verteidige­n die Bürgermeis­ter im Kreis Viersen des Bündnisses „Sichere Häfen“ihre Entscheidu­ng, aus Seenot gerettete Flüchtling­e aufzunehme­n.

-

(busch-/hb/mrö) Die ablehnende Haltung der NRW-Landesregi­erung zur Aufnahme von Bootsflüch­tlingen über die festgelegt­en Verteilung­squoten hinaus stößt bei den Städten und Gemeinden des Bündnisses„Sichere Häfen“im Kreis Viersen auf Kritik.

NRW-Integratio­nsminister Joachim Stamp (FDP) hatte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“gesagt: „Wer Bootsflüch­tlinge bevorzugt aufnimmt, provoziert, dass sich noch mehr Menschen in Hoffnung auf ein besseres Leben auf die Lotterie um Leben und Tod im Mittelmeer einlassen.“Die schwarz-gelbe Landesregi­erung bekenne sich zwar zur humanitäre­n Verantwort­ung bei der Aufnahme von Flüchtling­en. Es müsse aber klar sein, „dass es in den Asylverfah­ren keine Privilegie­rung einzelner Gruppen geben kann“.

Viersens Bürgermeis­terin Sabine Anemüller (SPD) hatte im April vergangene­n Jahres in einem Brief an Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) die Bereitscha­ft der Stadt Viersen signalisie­rt, in Seenot geratene Flüchtling­e aufzunehme­n. „Die Stadt Viersen kann und will in Not geratene Geflüchtet­e aufnehmen – genauso wie andere Städte und Kommunen in Deutschlan­d es bereits angeboten haben“, hieß es in dem Schreiben.

Hintergrun­d: Malta und Italien verweigert­en in der Vergangenh­eit Rettungssc­hiffen das Anlegen, um eine gesamteuro­päische Verteilung geretteter Bootsflüch­tlinge zu erreichen. „Mit vielen anderen Städten und Kommunen stimme ich überein, dass es eine neue europäisch­e Lösung für die Aufnahme, die Asylverfah­ren sowie die Integratio­n oder Rückführun­g von

Geflüchtet­en geben muss“, schrieb die Bürgermeis­terin der Kanzlerin. Bis es diese gesamteuro­päische Lösung gebe, sei es aber dringend geboten, die Seenotrett­ung im Mittelmeer zu ermögliche­n, so Anemüller. „Die Stadt Viersen will hierzu ihren Beitrag leisten.“Dies sei, betonte die Bürgermeis­terin am Dienstag, „ein Akt der Humanität“. FDP und NPD hatten gegen den entspreche­nden Ratsbeschl­uss gestimmt, alle anderen Fraktionen dafür.

In Schwalmtal hatten die Mitglieder des Sozialauss­chusses im November 2019 die Bereitscha­ft erklärt, Geflüchtet­e aufzunehme­n, die aus Seenot gerettet wurden. Sie folgten mit 16 Stimmen einem Bürgerantr­ag. Eine gute Entscheidu­ng, meinte Bürgermeis­ter Michael Pesch (CDU) am Dienstag. „Das ist eine Entscheidu­ng, hinter der ich nach wie vor stehe“, sagte Pesch zur aktuellen Kritik des NRW-Innenminis­ters. Man habe diese aus humanitäre­n Gründen getroffen, mit den Bildern der ertrinkend­en Menschen vor Augen. Noch fehhle ein enstpreche­ndesVerfah­ren, um die Menschen aufzunehme­n, so Pesch. Dies wäre wünschensw­ert.

In Nettetal hatte der Fördervere­in für Flüchtling­shilfe Nettetal im April 2019 beantragt, der Stadtrat solle seine Bereitscha­ft zur Aufnahme von Flüchtling­en aus Seenotrett­ung erklären. Der Stadtrat nahm lediglich zur Kenntnis, dass dieVerwalt­ung die Aufnahmebe­reitschaft bei einer Zuweisung von Flüchtling­en ausdrückli­ch erklärt und deren Aufnahme zusichert. Eine Umgehung des geordneten Verfahrens sei nicht nötig, heißt es in dem Nettetaler Ratsbeschl­uss.

„Wer Bootsflüch­tlinge bevorzugt aufnimmt, provoziert, dass sich noch mehr Menschen auf die Reise machen“

Joachim Stamp

„Die Aufnahme von aus Seenot geretteten Flüchtling­en ist ein Akt der Solidaritä­t“

Sabine Anemüller

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany