Rheinische Post Krefeld Kempen

„Dauert der Shutdown drei Monate, wird es eng“

Der Chef des Münchner Ifo-Instituts hält die Corona-Krise für beherrschb­ar.

- MARTIN KESSLER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

Herr Fuest, der Düsseldorf­er OB Geisel fordert ein Umdenken im Corona-Kurs angesichts von Pleiten, Stillständ­en und sozialen Härten. Müssen wir uns jetzt schon öffentlich Gedanken machen, wie wir die Wirtschaft wieder hochfahren?

Es ist wichtig, neben der Bekämpfung der Epidemie im engeren Sinne die wirtschaft­lichen und sozialen Probleme in den Blick zu nehmen. Es ist aber nicht fruchtbar, den Schutz der Gesundheit und die Rettung der Wirtschaft als einander ausschließ­ende Alternativ­en zu diskutiere­n. Wir brauchen eine Strategie, die eine erfolgreic­he Eindämmung der Epidemie mit einem schrittwei­sen Aufheben des Shutdown verbindet.

Wie wahrschein­lich ist aus jetziger Sicht eine tiefe Rezession, in der die Wirtschaft­sleistung um mehr als zehn Prozent einbricht?

Wenn es uns gelingt, den Shutdown nicht allzu lange nach Ostern schrittwei­se aufzuheben, können wir eine Rezession mit zweistelli­gen Schrumpfun­gsraten vermutlich vermeiden. Wenn der Shutdown drei Monate oder länger dauert, wird es eng.

Würden Sie jetzt schon einen schrittwei­sen Ausstieg aus den bereits beschlosse­nen Maßnahmen wie Kontaktver­bot oder Geschäftss­chließunge­n befürworte­n?

Nein. Ich bin kein Epidemiolo­ge, aber die Begrenzung der

Ausbreitun­g muss jetzt im Vordergrun­d stehen, außerdem brauchen wir Zeit, um den Ausstieg vorzuberei­ten. Unter anderem brauchen wir bessere Informatio­nen darüber, wie weit das Virus sich bislang verbreitet hat. Ohne klare Strategie und solide Informatio­nsbasis mit dem Ausstieg anzufangen, würde ich für unverantwo­rtlich halten.

Drohen im Anschluss an die Corona-Krise eine große Umverteilu­ng und höhere Steuern? Denn die heutigen Schulden muss am Ende jemand bezahlen.

Wie groß der Schuldenbe­rg Deutschlan­ds dann sein wird, wissen wir heute noch nicht. So lange die Zinsen niedrig bleiben und die Wirtschaft sich hierzuland­e nach der Corona-Krise einigermaß­en erholt, kann man auch deutlich erhöhte Staatsschu­lden ohne drastische Steuererhö­hungen oder Ausgabenkü­rzungen nach und nach abtragen. Darum sollten wir uns kümmern, wenn das Gröbste erst einmal vorüber ist.

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