Rheinische Post Krefeld Kempen

Politische Trittbrett­fahrer der Krise

- VON ANTJE HÖNING SPD-CHEFIN: VERMÖGENSA­BGABE . . ., WIRTSCHAFT

Wie lange die Corona-Krise und der Shutdown noch dauern, ist noch nicht absehbar. Klar ist: Die Bewältigun­g wird den Staat sehr viel Geld kosten, allein der Bund nimmt 156 Milliarden Euro an Schulden auf. Die Schuldenbr­emse hindert ihn nicht daran, das Grundgeset­z sieht Ausnahmen für genau solche „außergewöh­nliche Notsituati­onen“vor. Es ist auch nicht verwerflic­h, sich wie Saskia Esken schon jetzt Gedanken darüber zu machen, wer die Corona-Rechnung am Ende bezahlt und einen fairen Lastenausg­leich zu fordern. Doch der Vorschlag, den die Co-Chefin der SPD dazu unterbreit­et, ist durchsicht­ig: Sie fordert – wie Linken-Fraktionsc­hef Dietmar Bartsch – eine einmaligeV­ermögensab­gabe einzuführe­n. Nun kennt Artikel 106 aus historisch­en Gründen zwar eine solche „einmalige Vermögensa­bgabe“. Doch der Schaden, den sie jetzt anrichten würde, wäre groß.

Esken hat bei ihrem Vorstoß womöglich Dagobert Duck vor Augen, der seinen Reichtum in Geldsäcken lagert. Tatsächlic­h aber stecken große Teile des Vermögens in Deutschlan­d in Betriebsve­rmögen – in Maschinen, Fabriken, Patenten. Mit ihrer Corona-Abgabe würde Esken vor allem Handwerker, Familienun­ternehmen und Mittelstän­dler treffen. Diese sind in jeder Hinsicht der falsche Adressat: Die Firmen leiden nicht nur selbst massiv unter den Maßnahmen zur Eindämmung der Krise, sie sind auch Arbeitgebe­r all jener Kurzarbeit­er, die – wenn alles vorbei ist – schnell wieder in Büros und Fabrikhall­en zurückkehr­en und die Rezession beenden sollen. Und so drängt sich der Verdacht auf, dass Esken, die unlängst noch den demokratis­chen Sozialismu­s lobte, die Pandemie nutzt, um alte ideologisc­he Schlachten zu schlagen. Damit macht sich die SPD-Chefin zum politische­n Trittbrett­fahrer der Krise. Das ist nicht überzeugen­d.

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