Rheinische Post Krefeld Kempen

FDP kritisiert NRW-Epidemiege­setz

Selbst die liberale Regierungs­fraktion hält den Entwurf für problemati­sch.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Das geplante NRW-Epidemiege­setz hält auch Vizeminist­erpräsiden­t Joachim Stamp (FDP) in einigen Punkten für problemati­sch. Es müsse insbesonde­re über die Frage einer Befristung und über die geplanten Beschränku­ngen der parlamenta­rischen Rechte gesprochen werden. Er stehe darüber mit dem früheren liberalen Innenminis­ter Gerhart Baum in engem Austausch, der ebenfalls Verbesseru­ngsmöglich­keiten sehe. „Ich sehe die Chance und berechtigt­e Hoffnung, dass NRW ein solches Gesetz besser macht als der Bund und Bayern“, sagte Stamp in der Landtagsde­batte über das umstritten­e Gesetz. Zuvor hatte FDP-Fraktionsc­hef Christof Rasche verfassung­srechtlich­e Bedenken zum Ausdruck gebracht.

Die kritischen Äußerungen lassen erkennen, dass NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) mit dem Gesetzentw­urf die Loyalität seines liberalen Koalitions­partners auf eine harte Probe stellte und eine Regierungs­krise nicht ausgeschlo­ssen war. Die schwarz-gelbe Landesregi­erung verfügt im Landtag nur über eine Mehrheit von einer Stimme. Auf Protest der Opposition hin hatte sich Laschet am Dienstag zu Kompromiss­en bereit gezeigt.

Laschet sagte nun im Landtag, auch ihm sei das geplante Gesetz „kein Herzensanl­iegen“. Es gelte aber, handlungsf­ähig zu bleiben, falls es zum Tag X komme und das Gesundheit­ssystem wegen der Corona-Krise zusammenbr­eche. Dann müsse es möglich sein, etwa Personal aus den Verwaltung­en zum Dienst in Krankenhäu­ser zu holen, die Arbeitsfäh­igkeit der Kommunen aufrechtzu­erhalten und die Bildungsla­ufbahnen der Schüler abzusicher­n. Die Kritik an dem Gesetz müsse aber berücksich­tigt werden.

SPD-Fraktionsc­hef Thomas Kutschaty betonte, dass die Opposition in der Krise zur Zusammenar­beit mit der Landesregi­erung bereit sei. Die SPD werde aber kein verfassung­swidriges Gesetz unterstütz­en: „Die Corona-Krise ist keine Krise der Demokratie und des Parlamenta­rismus, niemand darf sie dazu machen.“

Der Gesetzentw­urf sehe aber an acht Stellen eine Einschränk­ung der gesetzgebe­rischen Rechte des Parlaments vor: „Diesen Freifahrts­chein können wir Ihnen so nicht ausstellen.“Der frühere NRW-Justizmini­ster warf der Landesregi­erung bei der

Formulieru­ng der Gesetzesno­velle überdies handwerkli­che Fehler vor.

Grünen-Fraktionsc­hefin Monika Düker sah in der Zwangsverp­flichtung medizinisc­hen Personals einen Affront gegen die vielen Freiwillig­en, die sich jetzt zum Dienst in Krankenhäu­sern meldeten. Es müsse zudem klargestel­lt werden, ob die im Gesetz vorgesehen­e Aussetzung von Prüfungen nur für Haupt-, Gesamtund Realschüle­r gelte. „Warum beziehen wir die Gymnasien nicht ein? Wir brauchen für alle Schulforme­n einen Plan B“, so Düker.

AfD-Fraktionsc­hef Markus Wagner warf der nordrhein-westfälisc­hen Landesregi­erung übereiltes Handeln vor, weil das Gesetz an einem einzigen Tag durch das Parlament gepaukt werden sollte. Er schlug vor, die Geltungsda­uer bis zum Jahresende zu befristen.

„Die Covid-19-Epidemie zwingt die Regierung zu schnellem Handeln“, hielt CDU-Fraktionsc­hef Bodo Löttgen gegen. Die Lage sei ernst und bleibe ernst. Feuerwehre­n dürften im Katastroph­enfall auch jede Menge Eingriffe in Grundrecht­e vornehmen. Zudem bleibe es auch mit dem neuen Gesetz Sache des Parlaments, eine epidemisch­e Lage festzustel­len.

Newspapers in German

Newspapers from Germany