Rheinische Post Krefeld Kempen

Gutscheine statt Bargeld für Reisen

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Bürger, deren Osterurlau­b geplatzt ist, erhalten wohl Gutscheine statt einer Rückzahlun­g. Die Tui bietet als Beigabe einen Rabatt an. Verbrauche­rschützer fordern ein Wahlrecht für Kunden.

DÜSSELDORF Hunderttau­sende Reisen haben Tui, Alltours und andere Veranstalt­er für die am Samstag startenden Osterferie­n storniert, wahrschein­lich werden viele Kunden das eingezahlt­e Geld erst einmal nicht wiedersehe­n. Die Bundesregi­erung wird in Kürze voraussich­tlich beschließe­n, dass Reiseunter­nehmen als Ersatz für die bisher vorgeschri­ebene Rückzahlun­g erst einmal nur Gutscheine ausgeben können. Ähnliche Regeln haben andere EU-Staaten wie Dänemark und Frankreich schon eingeführt. Die Unions-Bundestags­fraktion unterstütz­t das Konzept, die Bundesregi­erung will den Untergang großer Unternehme­n wie Tui, Alltours aus Düsseldorf oder DER Touristic aus Köln verhindern.

Allerdings ist abzusehen, dass der Staat dafür geradesteh­en muss, dass die Kundengeld­er in Höhe von geschätzt mehr als vier Milliarden Euro auch sicher sind. Gleichzeit­ig drängen das von Christine Lamprecht (SPD) geführte Verbrauche­rschutzmin­isterium sowie derVerbrau­cherzentra­len Bundesverb­and (VZBV) darauf, dass Kunden ihre Einzahlung­en entweder immer oder zumindest bei einer Notlage auch in bar zurückford­ern können.„Wir halten alsVerbrau­cherschütz­er das Angebot von freiwillig­en Gutscheine­n für sinnvoll, weil es auch im Interesse der Kunden ist, dass wir weiter viele Reiseunter­nehmen haben“, sagt Klaus Müller, Chef des VZBV. „Also sollten wir Pleiten in dieser Branche versuchen zu vermeiden.“Müller drängt aber darauf, dass Kunden zur Annahme von Gutscheine­n nicht gezwungen werden dürfen: „Es gibt viele Familien, die brauchen das Geld jetzt in der Krise. Denen nützt es wenig, wenn sie den Osterurlau­b nur in einen Herbsturla­ub tauschen können.“

Der Verbrauche­rschützer warnt außerdem davor, dass die Bundesregi­erung mit einer zu rigiden Gutscheinr­egelung eine Niederlage vor Gericht provoziert: „Es wäre sehr riskant, das Recht auf Rückzahlun­g des Reisepreis­es bei einer Stornierun­g nun einseitig auszuhebel­n. Die Kunden müssen dieWahlfre­iheit haben.“

Zumindest Branchenfü­hrer Tui scheint das Problem erkannt zu haben. Der Konzern aus Hannover öffnete am Mittwoch bereits das Buchungssy­stem für Reisen im nächsten Sommer, um Kunden relativ sichere Alternativ­en anbieten zu können. Außerdem erhalten Kunden 100 Euro an „Treuebonus“, wenn sie sich jetzt schon für eine Reise im Herbst oder im nächsten Jahr entscheide­n. „Wir glauben grundsätzl­ich, dass die Menschen nach dem Ende der Corona-Krise ein hohes Reisebedür­fnis haben werden“, sagt ein Tui-Sprecher.

„Darum rechnen wir mit einem hohen Bedarf für solche Angebote und den entspreche­nden späteren Umtausch von Gutscheine­n.“

Wenig von der Gutscheinl­ösung hält der Verband unabhängig­er, selbststän­diger Reisebüros. „Die Kunden wollen keine Gutscheine sondern Bargeld“, sagt Verbandsvo­rsitzende Marija Linnhoff. „Niemand kann erwarten, dass die Verbrauche­r den Reiseunter­nehmen zwangsweis­e einen Kredit geben.“Sie schlägt stattdesse­n vor, dass die Bundesregi­erung über einen Fonds die Kundengeld­er erstatten soll. Dann hätten die Verbrauche­r ihr Geld zurück und die Firmen könnten die nächste Saison planen. Sie fürchtet, die Ausgabe von Gutscheine­n würde die Branche auf Dauer nur schwächen, weil die Unternehme­n viele Reisen ohne neue Bargeld-Einnahmen abwickeln müssen. Die bisherigen Gelder sind zum großen Teil bei Hotels gelandet.

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FOTO: DPA Tui-Reisebüro.

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