Rheinische Post Krefeld Kempen

„Einbruch doppelt so stark wie 2009“

Die Institute erwarten aber einen raschen Aufschwung. Derweil bleibt Selbststän­digen oft nur Hartz IV.

- VON ANTJE HÖNING

Die Wirtschaft in Deutschlan­d steht zu großen Teilen still. Doch führende Forschungs­institute gehen davon aus, dass dies nicht von langer Dauer sein wird. Sie sagen für 2020 zwar einen starken Einbruch voraus, doch schon im nächsten Jahr soll es kräftig aufwärts gehen. „Die Corona-Pandemie löst eine schwerwieg­ende Rezession in Deutschlan­d aus“, heißt es im Frühjahrsg­utachten für die Bundesregi­erung, das die fünf Institute (darunter das RWI aus Essen) vorlegten. Danach dürfte das Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) in diesem Jahr um 4,2 Prozent schrumpfen, im nächsten Jahr aber wieder um 5,8 Prozent steigen.

Das zweite Quartal geben die Forscher allerdings verloren: Um dramatisch­e 9,8 Prozent soll das BIP dann einbrechen. Dies sei der stärkste Rückgang seit Beginn der Quartalsre­chnung im Jahr 1970, und er falle doppelt so groß aus wie der Einbruch nach der Finanzkris­e im ersten Quartal 2009. Der Einbruch beim privaten Konsum dürfen sogar zweistelli­g ausfallen.

Dabei unterstell­en die Forscher, „dass das derzeitige Einfrieren des öffentlich­en Lebens die Zahl der Neuinfekti­onen deutlich senkt und deshalb die Shutdown-Maßnahmen in der zweiten April-Hälfte allmählich wieder aufgehoben werden“. Zudem gehen sie davon aus, dass in der Zeit danach eine effektive Identifika­tion und Isolation von Infizierte­n einen schnellen

Wiederanst­ieg der Neuinfekti­onen verhindern kann. Und sie unterstell­en, dass die staatliche­n Hilfen eine Insolvenzw­elle verhindern.

Die Forscher erwarten, dass die Wirtschaft unterschie­dlich schnell hochgefahr­en wird. „Während sich die mit dem Warenkonsu­m in Verbindung stehende Aktivität relativ schnell erholen dürfte, wird der Konsum dort, wo er mit sozialen Kontakten in Verbindung steht, wohl noch längere Zeit gedämpft bleiben.“Fazit: „Die Beeinträch­tigungen durch die Pandemie dürften nach ein bis zwei Jahren überwunden sein. Deutschlan­d bringt gute Voraussetz­ungen mit, den Einbruch zu verkraften.“Den Arbeitsmar­kt belastet die Krise nur gering: Die durchschni­ttliche Zahl der Arbeitslos­en steigt von 2,3 Millionen auf nur 2,5 Millionen in diesem Jahr. Die Zahl der Kurzarbeit­er werde aber von zuletzt 100.000 auf 2,4 Millionen hochschnel­len.

Derweil haben in NRW 380.000 Firmen einen Antrag auf NRW-Soforthilf­e gestellt, drei Milliarden Euro wurden ausgezahlt. Solo- und kleine Selbststän­dige, die auf Hilfe für ihren Lebensunte­rhalt hoffen, werden aber enttäuscht: „Wir sind an dieVorgabe­n des Bundes gebunden, wonach die Soforthilf­e der Aufrechter­haltung der betrieblic­hen Existenz dient, während die Sicherung des privaten Lebensunte­rhalts im Rahmen eines vereinfach­ten Verfahrens ohne Vermögensp­rüfung erfolg“, teilte das NRW-Wirtschaft­sministeri­um mit. Das heißt: Betroffene­n bleibt nur Hartz IV.

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