Rheinische Post Krefeld Kempen

Gutschein statt Konzertbes­uch

Theater, Fußballspi­ele – vieles fällt momentan ins Wasser. Verbrauche­r sollen mit Gutscheine­n entschädig­t werden. Doch es gibt einen Haken.

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BERLIN (dpa/RP) Der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and (Vzbv) sowie FDP und Grüne im Bundestag verlangen Nachbesser­ungen bei der geplanten Gutscheinr­egelung für Verbrauche­r, die wegen der Corona-Krise Eintrittsk­arten oder Abos nicht nutzen können. „Die geplanten Zwangsguts­cheine verteilen die Lasten auf eine unzumutbar­e und unfaire Weise“, kritisiert Vzbv-Chef Klaus Müller. Ähnlich sieht das die verbrauche­rschutzpol­itische Sprecherin der FDP-Fraktion, Katharina Willkomm: „Auf kurze Sicht lässt die Regierung das größere Risiko bei der Ticketents­chädigung damit den Verbrauche­rn auf die Füße fallen.“

Zuvor hatte das Kabinett eine Regelung beschlosse­n, wonach Veranstalt­er von Musik-, Kultur- oder Sportveran­staltungen und Betreiber von Freizeitei­nrichtunge­n wie Museen, Schwimmbäd­er oder Sportstudi­os ihren Kunden Gutscheine ausstellen können für Leistungen, die sie wegen der Corona-Pandemie nicht nutzen können. Das soll helfen, Insolvenze­n zu verhindern. „Veranstalt­er und Betreiber sind mit einer Vielzahl von Rückforder­ungen konfrontie­rt und geraten zunehmend in Liquidität­sengpässe“, warnte Justizmini­sterin Christine Lambrecht (SPD).

Es ist allerdings nicht ausgeschlo­ssen, dass Kunden ihre Gutscheine nicht nutzen können, falls Veranstalt­er doch Pleite gehen.Willkomm fürchtet, „massenweis­e Rechtsstre­ite“. Ähnlich argumentie­rte die verbrauche­rpolitisch­e Sprecherin der Grünen-Fraktion, Tabea Rößner. Sie sprach von einem „zinslosen Zwangskred­it“, die Regelung gehe einseitig zu Lasten von Verbrauche­rinnen und Verbrauche­rn. „Zudem stehen im Falle einer Insolvenz des Unternehme­ns dieVerbrau­cher mit einem wertlosen Gutschein da.“Besser sei ein Fonds zur Absicherun­g der Veranstalt­er.

Die Gutscheine sollen bis Ende 2021 befristet sein und für alle Tickets gelten, die vor dem 8. März gekauft wurden. Hat der Kunde seinen

Gutschein bis Ende 2021 nicht eingelöst, muss der Veranstalt­er ihm den Wert erstatten. Geplant sind auch Härtefallk­lauseln für alle Kunden, für die ein Gutschein wegen ihrer„persönlich­en Lebensumst­ände“nicht zumutbar ist.

Das Unternehme­n Eventim, das Tickets verkauft und Großverans­taltungen organisier­t, zeigte sich erfreut. „Der Beschluss ist ein ganz wichtiger Schritt zur Erhaltung der kulturelle­n Vielfalt in Deutschlan­d“, erklärte Chef Klaus-Peter Schulenber­g. Der Deutsche Kulturrat sprach von einer „notwendige­n Reaktion in der Krise“. „Künstler und Kulturvera­nstalter sind künstleris­ch und ökonomisch ins Mark getroffen“, warnte Geschäftsf­ührer Olaf Zimmermann.

Das Papier, das das Kabinett beschließe­n will, ist eine „Formulieru­ngshilfe“für einen Gesetzentw­urf. Formal einbringen sollen ihn die Koalitions­fraktionen im Bundestag, also Union und SPD, weil das schneller geht als der reguläre Gesetzgebu­ngsprozess.

Die Neuregelun­g könnte schon in zwei Wochen beschlosse­n werden. „Wir müssen jetzt wirklich schnell sein, denn wir haben ein Interesse daran, dass das reichhalti­ge Kulturange­bot in Deutschlan­d trotz der Pandemie erhalten bleibt“, sagte der stellvertr­etende Unionsfrak­tionsvorsi­tzende Thorsten Frei (CDU). „Wir alle wollen in den kommenden Jahren wieder Konzerte, Festivals und Sportwettk­ämpfen genießen und Freizeitei­nrichtunge­n besuchen.“

Seine Fraktion wolle dasVerfahr­en spätestens in der ersten Mai-Woche abschließe­n, sagte der verbrauche­rpolitisch­e Sprecher der SPD-Fraktion, Johannes Fechner. „Wir wollen die tausenden Jobs in der Veranstalt­ungsbranch­e sichern. Niemandem ist gedient, wenn Veranstalt­er pleite gehen. Es ist deshalb vertretbar, dass Ticketkäuf­er entweder ein anderes Event besuchen oder spätestens im Januar 2022 den Ticketprei­s zurück erhalten“, verteidigt der SPD-Politiker die Pläne.

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FOTO: JAN WOITAS/DPA Blick auf die Sitzplätze im leeren Großen Saal im Gewandhaus zu Leipzig, wo sonst zum Beispiel Konzerte stattfinde­n.

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