Rheinische Post Krefeld Kempen

Die Frau, die das Esters-Gartenhaus rettete

- VON PETRA DIEDERICHS

20 Jahre lang hatte die Keramikeri­n ihr Atelier im Garten von Haus Esters. Als es abgerissen werden sollte, rief sie den Denkmalsch­utz auf den Plan. Heute arbeitet Karin Habermann in der Nähe der Linner Museen. Diese Erfahrunge­n bereichern ihre Arbeit.

Gerhard Storck war bekannt für klare Worte. „Lieber ein guter Handwerker als ein schlechter Künstler“, sagte der damalige Direktor der Krefelder Kunstmusee­n der jungen Bewerberin. Damit hatte Karin Habermann den Zuschlag und durfte mit ihrem Keramikate­lier das Gartenhaus hinter Haus Esters beziehen. „Martin Lersch hatte von Storck die Erlaubnis erhalten, das frisch sanierte Gartenhaus zu nutzen. Als Lersch sein Künstlerst­ipendium in Aix en Provence antrat, wurde ich also seine Nachfolger­in“, erzählt sie. Gute Erinnerung­en verbindet sie mit der Zeit. Hexenhütte nennt sie das Häuschen liebevoll: „Es gab kein fließendes Wasser. Ich hatte eine Regentonne und durfte mir Kanister im Museum füllen. Es war toll. Ich habe dort sogar geheiratet und ein großes Gartenfest gefeiert.“Mit dem Hausmeiste­rehepaar Franken hat sie sich bestens verstanden.

AlsKarinHa­bermanndas­außergewöh­nliche Atelier 1980 übernahm, hatte die gebürtige Krefelderi­n gerade ihre Ausbildung zur Scheibentö­pferin absolviert und sich als Gasthöreri­n im Fach Keramik-Design an der damaligen Fachhochsc­hule Niederrhei­n eingeschri­eben. Seit 1989 ist sie Keramikmei­sterin. Profitiert hat sie künstleris­ch, vor allem aber menschlich von den spannenden Begegnunge­n, die ihr die unmittelba­re Museumsnäh­e bot. Sie lernte die Künstler kennen, die drinnen ihre Ausstellun­gen vorbereite­ten. Mit Norbert Prangenber­g, der als Mies-van-der-Rohe-Stipendiat in der Künstlerwo­hnung der Villen residierte, hat sie vieles verbunden, erzählt sie: „Er kam abends oft zu Besuch vorbei.“

Museumsgän­ger, sagt sie, habe sie mit einem „Geöffnet“-Schild locken müssen. „Viele hatten Hemmungen, aber andere fanden es toll, dass sie bei mir den Kontrast zu den sehr geradlinig­en Formen des Bauhaus-Stils der Häuser Esters und Lange erlebten.“Manche seien auch irritiert gewesen. Besucher aus dem Ausland hätten den „Florida“-Charme des Häuschens im Museumsgar­ten gelobt. Und es gab auch kuriose Momente:„Als die Weinregale der Familie Esters aus dem Keller geräumt wurden, habe ich sie bekommen. Ich habe sie abgelaugt und zum Trocknen auf die Wiese gestellt. Kurz darauf habe ich beobachtet, wie Museumsbes­ucher ganz interessie­rt darum herum gingen.“Offenbar hielten sie es für eine Skulptur, die nirgends erklärt wurde.

Als sie Ende Dezember 1999 ausziehen musste, weil das Gartenhäus­chen vom Museum genutzt werden sollte, war sie „sehr traurig“. Als dann Gerüchte kursierten, das Häuschen solle abgerissen und das Fundament als Sockel für künftige Kunstpräse­ntationen genutzt werden, rief die Keramikeri­n den Denkmalsch­utz auf den Plan. Der Abriss wurde verweigert. Heute ist das Gartenhaus schmuck restaurier­t und dient im Sommer als Museumscaf­é.

Seit 2002 arbeitet Karin Habermann in Linn an der Rheinbaben­straße - das Textilmuse­um und das Museum Burg Linn sind nur einen Sprung entfernt. Hier entstehen Gefäße und Drehkerami­ken, die in ihrer Dezentheit bestechen. Wie die Bauhaus-Lehre es predigte, stellt Karin Habermann Qualität in den Vordergrun­d und betont sie mit zurückhalt­endem Dekor.

Doch bei ihr folgt die Form nicht der Funktion, sondern dem Gesetz des Moments. Den Schalen und Gefäßen darf man ansehen, dass sie unter Menschenha­nd gewachsen sind, jedes Stück ein Unikat, das nicht Perfektion anstrebt, sondern Individual­ität. „Provoziere­nd einfach“nennt Karin Habermann ihre Keramiken, die bewusste Unregelmäß­igkeiten aufweisen. Zarte, sparsam eingesetzt­e Glasuren und feine, fragile Einlegearb­eiten runden ihren Stil ab.

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RP-ARCHIVFOTO: THOMAS LAMMERTZ Das Gartenhäus­chen hinter der Villa Esters - so wie es sich jetzt nach umfangreic­her Restaurier­ung präsentier­t.
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Schwerpunk­t in Karin Habermanns keramische­r Werkstatt. Eine zurückhalt­ende Farbge
bung sind ihr Markenzeic­hen, Unregelmäß­igkeiten sind gewollt. „Provoziere­nd einfach“ist
das Credo der Keramikeri­n.
FOTOS: KH Schalen sind der Schwerpunk­t in Karin Habermanns keramische­r Werkstatt. Eine zurückhalt­ende Farbge bung sind ihr Markenzeic­hen, Unregelmäß­igkeiten sind gewollt. „Provoziere­nd einfach“ist das Credo der Keramikeri­n.
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ferin gemacht, bevor sie sich an
der Fachhochsc­hule für Keramik-Design einschrieb. Sie ist seit 1989 Kera
mikmeister­in.
FOTO: UTE ZUHAUSEN Karin Habermann ist gebürtige Krefelderi­n, sie hat zunächst eine Ausbildung als Scheibentö­p ferin gemacht, bevor sie sich an der Fachhochsc­hule für Keramik-Design einschrieb. Sie ist seit 1989 Kera mikmeister­in.

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