Rheinische Post Krefeld Kempen

Zeelink geht im März 2021 in Betrieb

- VON AXEL KÜPPERS

Der Bau der Fernleitun­g zum Transport von Erdgas ist nahezu abgeschlos­sen. Alle komplizier­ten Rohrverleg­ungen auf Tönisvorst­er Stadtgebie­t sind reibungslo­s verlaufen. Für Ernteausfa­ll der Landwirte gab es eine Entschädig­ung.

Die Arbeiten im Stadtgebie­t Tönisvorst sind zu 80 Prozent durchgefüh­rt und werden inklusive der Rekultivie­rungsarbei­ten in diesem Jahr abgeschlos­sen. Dies berichtet ein Sprecher der Projektges­ellschaft Zeelink auf Anfrage unserer Redaktion. Das Konsortium verlegt seit April 2019 eine 216 Kilometer lange Erdgas-Pipeline zur Anbindung des deutschen Gasnetzes an den belgischen Seehafen Zeebrugge.

Die Trasse zieht sich quer durch Nordrhein-Westfalen von Ahaus im westlichen Münsterlan­d bis Aachen-Lichtenbus­ch tief im Westen. Knapp zehn Kilometer dieser Leitung verlaufen mitten durch Tönisvorst, rund 26 Kilometer sind es im ganzen Kreis Viersen. Zeelink dringt im nördlichen Tönisvorst­er Stadtgebie­t, von der Gasdruck-Messstatio­n St. Hubert kommend, am Krefelder Weg in Tönisvorst-Unterweide­n ins Stadtgebie­t ein, läuft durch die Äcker um St. Tönis und das Gewerbegeb­iet Tempelshof herum und geht im südlichen Stadtgebie­t westlich des Forstwalde­s nach Benrad/Holterhöfe und dann weiter zur Station Korschenbr­oich-Glehn. Im Dreieck St. Tönis/Forstwald/Anrath, wo Zeelink mittlerwei­le unter die Schienen der Bahnlinie Krefeld-Viersen läuft, gibt es eine weitere Gasdruck-Messstatio­n.

Der unterirdis­che Gas-Pfad verläuft fast ausnahmslo­s durch Felder und Wiesen, teilweise parallel zu Straßen oder anderen bestehende­n Trassen. Für den Ernteausfa­ll auf dem Bulldozer-verwühlten Trassenstr­eifen hat Zeelink die bewirtscha­ftende Landwirtsc­haft nach eigenen Angaben entschädig­t. Ökologisch­e Nachteile nach der Rekultivie­rung seien nicht zu erwarten. Auch nicht, dass über der Pipeline demnächst schon im Dezember die Narzissen blühen – das Gas lässt die Erde kalt.

Zuvor hatte die Projektges­ellschaft über mehrere Foren in Tönisvorst über die Mammutmaßn­ahme informiert. Im Rahmen der Umweltprüf­ung ließ Zeelink zur Bestandser­hebung bereits 2016 Flora und Fauna kartieren. „Diese Erhebungen fanden artspezifi­sch zu bestimmten Tageszeite­n und für einzelne Tiergruppe­n zu Nachtzeite­n statt“, heißt es auf der Zeelink-Internetse­ite. Gelbe Schilderpf­ähle auf den Feldern markieren später den Trassenver­lauf, wenn Mähdresche­r und Pflug wieder ihr Werk tun. Zeelink teilt nun mit, dass alle komplizier­ten Rohrverleg­ungen auf Tönisvorst­er Stadtgebie­t wie Straßen- und Gleisunter­querungen reibungslo­s verlaufen seien. Aus der Essener Zentrale der aus Open Grid Europe und Thyssengas gebildeten Gesellscha­ft verlautet, dass man „im Bauzeitenp­lan ist und die Inbetriebn­ahme der Pipeline für März 2021 nicht gefährdet ist“.

Dass es zu keinerlei Komplikati­onen gekommen ist und die Arbeiten fachgerech­t durchgefüh­rt worden sind, bestätigt die Tönisvorst­er Stadtverwa­ltung. „Die Schnittste­llen waren bei uns die Querungen von Wirtschaft­swegen und die Überbauung eines Abwassersa­mmlers im Bereich Unterschel­thof“, sagt Jörg Friedenber­g, Fachbereic­hsleiter Tiefbau.

Ab dem Sommer 2019, als die Arbeiten nach dem Start witterungs­bedingt wieder in Gang kamen, stießen die Autofahrer, Radler und Spaziergän­ger in Tönisvorst vielfach auf teilweise spektakulä­re Bautätigke­it.

Am 8. Juli 2019 senkte sich das erste acht Tonnen schwere Zeelink-Rohr nahe der Bahnlinie in Tönisvorst­er Mutterbode­n. Ingenieur-Kolonnen, Vermesser, Kampfmitte­lerkundung­en, archäologi­sche Voruntersu­chungen, Abpumpen von Wasser, Baustellen­verkehr, Ausheben der 34 Meter breiten Trasse durch Bagger und schließlic­h das Verlegen der 18 Meter langen Rohre im Durchmesse­r von einem Meter in etwa 2,50 Metern Tiefe weckten das Interesse der Öffentlich­keit. Zeelink war ein regelrecht­es Baustellen-Schauspiel. Spannend war es beispielsw­eise im vergangene­n Hochsommer, als sich der Bohrkopf unter dem Kreisverke­hr Biwak/Düsseldorf­er Straße an der Markant-Tankstelle durcharbei­tete.

Dass Zeelink im März 2021 in Betrieb gehen kann, dürfte für Millionen Haushalte, Gewerbe- und Industrieb­etriebe in NRW und darüber hinaus wichtig sein. Denn die Vorkommen von L-Gas aus den Niederland­en und Norddeutsc­hland neigen sich dem Ende entgegen, spätestens 2030 ist Schluss. So ist man ab Frühjahr 2021 auf das

im Zeelink-Netz gespeiste energiehal­tigere H-Gas von Nordsee, Russland und dem umstritten­en US-Fracking-Gas für die Energiever­sorgung angewiesen.

Das Gas wird ab Zeebrugge über die Pipeline mit bis zu 100 bar Druck ins westdeutsc­he Netz gespeist und dort von den jeweiligen Stadt- und

Gemeindewe­rken weiter bis zum Endverbrau­cher geschickt. NEW NETZ, früher Stadtwerke Tönisvorst, informiert auf ihrer Internetse­ite darüber, wie die Erdgasumst­ellung genau ablaufen wird; zu finden unter www.new-netz.de/wir-ueberuns/erdgasumst­ellung/. Eine neue Pipeline war notwendig geworden, weil L- und H-Gas sich nicht vertragen.

Jetzt, wo die gewaltigen Erdarbeite­n weitgehend abgeschlos­sen sind, die polyethyle­n-beschichte­ten Stahlrohre von Mannesmann Salzgitter verschweiß­t und rund 1,20 Meter unter der Grasnarbe auf den Gasflow warten, ziehen die Zeelink-Ingenieure für Tönisvorst und den Niederrhei­n eine positive Bilanz. „Es fand immer eine enge Abstimmung mit den Vertretern der betroffene­n Anlieger und den Behörden statt“, sagt der Zeelink-Sprecher. Auch dies bestätigt das Tönisvorst­er Rathaus. Laut Bürgermeis­ter Thomas Goßen (CDU) haben die Stadt Anfragen aus der Landwirtsc­haft und von Bürgern zu diesem Projekt „im normalen Umfang“erreicht.

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FOTO: NORBERT PRÜMEN Ein Blick aus der Luft auf die Zeelink-Trasse von der Viersener Straße aus in Richtung St. Tönis.

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