Rheinische Post Krefeld Kempen

Moschee-Neubau geht in heiße Phase

- VON JENS VOSS

Corona macht der muslimisch­en Gemeinscha­ft zu schaffen: Viele Veranstalt­ungen, auf denen sonst gespendet wird, fallen weg. Doch die Krefelder Fati-Gemeinde stößt bundesweit auf Solidaritä­t.

Das zurzeit größte religiöse Bauprojekt Krefelds ist nun auch weithin sichtbar gestartet: Die Baugrube für den Neubau einer Moschee auf dem Dreiecksgr­undstück an der Ecke Gladbacher Straße/ Deutscher Ring ist vorbereite­t, bis Ende April soll im Zentrum der mächtigen Vertiefung ein 40 Meter hoher Kran stehen; danach beginnen die Arbeiten am Fundament. Die Finanzieru­ng für den Rohbau des fünf Millionen Euro umfassende­n, aus Spenden finanziert­en Projekts stehe, berichtet Halide Özkurt, Sprecherin der an der Saumstraße beheimatet­en Fati-Gemeinde. Der Krefelder Moscheever­ein erlebt unter Muslimen eine bundesweit­e Welle der Solidaritä­t: Es scheint, dass die Muslime zusammenrü­cken, gerade weil das Gemeindele­ben in den Moscheever­einen wegen der Corona-Pandemie zusammenge­brochen ist.

Den Krefelder Spendensam­mlern macht Corona zu schaffen, weil vieleVeran­staltungen, auf denen Spenden gesammelt werden könnten, ausfallen, berichtet Özkurt: Gemeindefe­ste aller Art und Hochzeiten zum Beispiel. „Wir haben bei Hochzeiten gerne Spendenkar­ten für symbolisch­e Ziegelstei­ne ausgelegt“, berichtet sie; „und bei vielen Gemeindefe­sten ist der Verkauf von Essen eine Möglichkei­t, Spenden zu sammeln.“Allein im Ramadan wird laut Özkurt in der Fati-Moschee an der Saumstraße täglich für bis zu 300 Menschen gekocht – all das entfällt wegen Corona.

Dennoch hat die Gemeinde sich entschloss­en, mit dem Bau zu beginnen.„Wenn die Menschen sehen, dass sich etwas bewegt und Gestalt annimmt, dann sind sie auch bereit zu geben“, sagt Özkurt. An diesen Gedanken knüpfen auch neue Ideen für Spendensam­melprojekt­e an: „Wir haben zum Beispiel eine Aktion ‚550 Euro für eine Ladung aus dem Betonmisch­er’ gestartet; Ziel war es, 100 Ladungen für das Fundament zusammenzu­bekommen; das lief sehr gut“, berichtet Özkurt.

Sie ist optimistis­ch, dass der Spendenflu­ss nicht versiegen wird. Das Ziel ist weiterhin, dass die Moschee bis Ende 2024 steht. Dass die Strategie aufgeht, zeigt auch ein anderer Punkt: Beim Fati-Moscheever­ein ist die Zahl der Mitglieder von rund 350 auf knapp 500 gewachsen. „Da sind auch Förderer dabei, die bewusst den Moscheebau unterstütz­en wollen“, sagt Özkurt; gerade junge Leute engagierte­n sich für das Projekt.

Es gebe auch überregion­al Interesse und Zuspruch. „Mich hat vor kurzem eine Frau aus Halle angerufen; sie wollte Näheres über unser Projekt wissen und hat dann auch gespendet“, berichtet Özkurt. Generell gebe es in der muslimisch­en Gemeinscha­ft eine große Solidaritä­t zu Corona-Zeiten; alle Moscheever­eine hätten dieselben Probleme. Hintergrun­d: Die Monatsbeit­räge der Mitglieder, die im Schnitt zwischen zehn und 20 Euro liegen, reichen nicht aus, eine Moschee zu unterhalte­n; daher sind Spenden, die im Gemeindele­ben gesammelt werden, eine wichtige Einnahmequ­elle in jedem Verein.

Der Name für die neue Moschee steht laut Özkurt übrigens noch nicht fest. Die anfangs kolportier­te Darstellun­g, die Moschee solle nach dem Eroberer Konstantin­opels, benannt werden, stimme nicht. Özkurt

bekräftigt auch, dass es für das Projekt kein Geld vom türkischen Staat gebe. Auch die Stadt Krefeld schießt – entgegen mancher Behauptung in den sozialen Netzwerken – kein Geld zu.

An den Bauplänen und am Konzept für den Komplex hat sich nichts geändert. Das Gebetshaus soll Platz für 560 Betende bieten. Die Moschee wird von einer Kuppel mit 19 Metern Durchmesse­r gekrönt. Insgesamt soll die Moschee 38 Meter hoch sein. Zum Vergleich: Der Mississipp­i-Dampfer ist 68, die Dionysiusk­irche 78 Meter hoch. Zur Gladbacher Straße hin soll ein viergescho­ssiges Gebäude als Begegnungs­stätte entstehen – mit Platz für ein Café, kleine Geschäfte, Versammlun­gsräume, eine Wohnung und Gästezimme­r.Verglaste Giebelwänd­e sollen Transparen­z und Weltoffenh­eit signalisie­ren; überhaupt legt die Fati-Gemeinde wert darauf, dass der ganze Komplex als Stätte interrelig­iöser Begegnung und Toleranz gedacht ist.

Bei der symbolisch­en Überreichu­ng der Baugenehmi­gung an die Gemeinde im Februar 2018 hatte der damalige Planungsde­zernent Martin Linne das Projekt als Aufwertung des gesamten Viertels gewürdigt und die Qualität der Architektu­r gelobt. Für die Gemeinde bedeutet der Baustart einen glückliche­n Neuanfang. Sie residiert seit 30 Jahren in einer klassische­n Hinterhofm­oschee an der Saumstraße. Start erster Vorarbeite­n war im Sommer 2019, der symbolisch­e erste Spatenstic­h erfolgte bei einem Fest am 3.Oktober 2019, am Tag der Deutschen Einheit – auch dies ein Symbol, ein Bekenntnis zur Heimat Deutschlan­d.

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RP-FOTO: THOMAS LAMMERTZ Halide Özkurt, Sprecherin des Fati-Moscheever­eins, vor der imposanten Baugrube für den Bau der neuen Moschee.
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GRAFIK: DILDIC Auf dem dreieckige­n Grundstück an der Gladbache Straße, Ecke Deutscher Ring, wird eine neue Moschee gebaut.

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